Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz sind Schätzungen zufolge rund 30’000 sogenannte Care-Migrantinnen aus Osteuropa in Privathaushalten beschäftigt.
- Würden die Frauen nicht über Personalagenturen beschäftigt, seien weder Lohn noch Ruhezeiten überprüfbar, kritisieren Gewerkschaften.
- Der Bund erarbeitet derzeit einen nicht verbindlichen Musterarbeitsvertrag, der die Bedingungen in der 24-Stunden-Betreuung erstmals regelt.
Sie kochen, putzen und kaufen ein und verbringen mit den Betagten den Alltag: die Care-Migrantinnen aus Osteuropa. Ihre Arbeitsbedingungen werden immer wieder kritisiert, von moderner Sklaverei ist gar die Rede.
Oft sind weder Lohn noch Arbeitszeit überprüfbar
Sind die Pflegerinnen über ein Personalverleih-Unternehmen beschäftigt, sind Rahmenbedingungen wie Ruhezeiten zwar über den Gesamtarbeitsvertrag der Branche geregelt. Doch das reiche nicht, monieren die Gewerkschaften. Problematisch seien jene Privathaushalte, die ihre Angestellten ohne Personalagentur einstellen würden. Weder Lohn noch Ruhezeiten könnten so überprüft werden.
Wenn die Ruhezeit nicht geregelt wird, ist die Fehlerquote bei der Betreuung sehr hoch.
Maria Huber, Regionalsekretärin der Gewerkschaft VPOD in St. Gallen, fordert deshalb für alle Care-Migrantinnen eine verbindliche Arbeitszeit-Regelung: «Wenn die Ruhezeit nicht geregelt wird, ist die Fehlerquote bei der Betreuung sehr hoch. Es können Unfälle passieren und Fehlentscheidungen gefällt werden.» Das habe auch Auswirkungen auf die Beziehung zwischen den einzelnen Menschen.
Insbesondere wegen der hohen Präsenzzeiten sei die Arbeit der Care-Migrantinnen streng, bestätigt Personalvermittler Rainer Perprunner. «In der Zeit, in der sie hier arbeiten, sind sie die ganze Zeit in Rufbereitschaft. Es ist nötig, dass man seine Ruhezeiten bekommt.» Die Betreuerinnen müssten sich erholen können, niemand könne 24 Stunden am Tag arbeiten.
Bund erarbeitet nicht-verbindliche Verträge
Handlungsbedarf sieht nebst den Gewerkschaften nun auch der Bund. Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco ist im Moment daran, einen Arbeitsvertrag aufzusetzen, der die Bedingungen in der 24-Stunden-Betreuung erstmals regelt. Verbindlich wird das Vertragswerk aber nicht sein, wie es auf Anfrage beim Staatssekretariat heisst.
Die Kantone werden selbst entscheiden können, ob sie den Vorschlag des Bundes umsetzen. Die politische Diskussion wird darum weitergehen. Voraussichtlich im Herbst berät der Nationalrat über eine parlamentarische Initiative. Diese will die Arbeitsbedingungen für Pflege-Migrantinnen per Gesetz regeln.