Wenn die Sonne gleissend heiss am Himmel steht, beginnt die Schicht der Wasserrettungshunde am Luganersee. Während sich der Badestrand allmählich füllt, werden die Tiere für ihren Einsatz bereit gemacht: Die Rettungswesten werden angezogen, Aufwärmübungen im Wasser bringen die Hunde in ihren Arbeitsmodus.
Sofort ziehen die Vierbeiner die Aufmerksamkeit der Badegäste auf sich. Und das ist auch gut so. Denn ein grosser Teil ihrer Aufgabe besteht in der Prävention von Badeunfällen.
«Durch die Präsenz der Hunde erreichen wir die Leute sehr schnell. Sie sind neugierig, wir kommen mit ihnen ins Gespräch, können auf die Gefahren an den Gewässern aufmerksam machen und so ein Bewusstsein dafür schärfen», sagt Patrick Tempobono, Präsident der Lebensrettergesellschaft Lugano. Diese hat, zusammen mit der Stadt Lugano, den Einsatz von Wasserhunden dieses Jahr als Pilotprojekt gestartet.
Im Tessin hat es viele Flüsse, und gerade da wird die Thermik oft unterschätzt.
Im Juli und August wird der Einsatz an den Wochenenden getestet – auch als Reaktion auf die hohe Zahl an tödlichen Badeunfällen, die jedes Jahr in der Schweiz verzeichnet werden. Im laufenden Jahr sind es rund 20.
«In Lugano hatten wir im vergangenen und auch in diesem Jahr glücklicherweise keine Todesopfer in Gewässern», bilanziert Tiziano Galeazzi, der als Stadtrat das Projekt begleitet. Aber man verzeichne in den letzten Jahren eine steigende Zahl an Badegästen. Darunter seien auch immer mehr Menschen, die nicht schwimmen könnten oder von ausserhalb des Tessins kämen und mit den lokalen Gewässern nicht vertraut seien, fügt er an.
Denn das Tessin beheimatet viele Flüsse. Gerade da werde die Thermik häufig unterschätzt, stellt Tempobono fest und zeigt auf die Stelle, wo die Cassarate in den See fliesst.
Italien als Vorbild
Doch die Arbeit der Hunde geht über die Prävention hinaus. In einem Ernstfall können sie auch Leben retten. Bis anhin wurden in der Schweiz Wasserrettungen mit Hunden ausschliesslich im Hundesportbereich durchgeführt. Eine offizielle Ausbildungsstätte gibt es nicht.
Deshalb wurden die Hunde von Lugano in Mailand ausgebildet. Vor über 30 Jahren gründete Ferruccio Pilenga da eine Schule für Wasserrettungshunde, die SICS, überzeugt, dass der beste Freund des Menschen auch als Rettungsschwimmer eingesetzt werden kann.
Er sollte Recht bekommen: An der SICS wurden seither hunderte Wasserrettungshunde ausgebildet, welche mittlerweile an Stränden in ganz Italien eingesetzt werden. Dabei beeindrucken sie immer wieder durch spektakuläre Rettungen.
Ein wesentlicher Vorteil der Hunde gegenüber dem Menschen ist ihre Muskelkraft. Dank der speziellen Weste, die die Hunde bei ihrer Arbeit tragen, können sie bis zu drei Menschen gleichzeitig aus dem Wasser ziehen und bleiben dabei tiefenentspannt.
Positive Bilanz
Bis ein Hund einsatzbereit ist, durchlaufen er und seine Halterin eine mehrere Monate dauernde, intensive und anspruchsvolle Ausbildung. Ein wichtiges Ziel dabei ist, dass Hund und Hundeführer ein Team sein müssen und sich im Notfall blind vertrauen können – so sehr, dass der Hund seinem Menschen sogar beim Sprung aus dem Helikopter ins Wasser folgt.
Die Erfahrung mit den tierischen Rettungsschwimmerinnen und -schwimmern in Lugano ist bis anhin gut. Es wird bereits über das Pilotprojekt hinausgedacht: «Unser Ziel ist, nächstes Jahr eine eigene Ausbildungsstätte für Wasserhunde zu gründen», sagt Patrick Tempobono.
