Rund ein Dutzend Expertinnen und Experten versuchen derzeit im virologischen Labor des Universitätsspitals Genf den neuen Corona-Varianten auf die Spur zu kommen. Sie arbeiten täglich 17 Stunden. Auch am Wochenende. Das Personal wurde aufgestockt.
Wir haben den Eindruck, dem Virus hinterherzurennen.
Und dennoch ist das Virus dem Team stets einen Schritt voraus. «Wir haben den Eindruck, dem Virus hinterherzurennen», erklärt der stellvertretende Leiter des Labors Manuel Schibler. In seinem Labor testet man einerseits positive Corona-Tests auf mögliche Mutationen, gleichzeitig versucht man die verschiedenen Untervarianten mittels Sequenzierung zu eruieren. Das braucht Zeit.
Gleichzeitig steigen die Fälle der mutierten Coronaviren aus Grossbritannien und Südafrika. Im Kanton Genf waren es am Freitag 16 Fälle.
Dänemark bei Sequenzierung vorne
Die Sequenzierung ist ein entscheidender Teil der Arbeit, um neue Corona-Varianten erkennen zu können. Doch die Intensität der durchgeführten Analysen variiert von Land zu Land stark. So wird in Dänemark derzeit jede achte Probe sequenziert, in Grossbritannien ist es jede 19. Probe.
Nur mit Sequenzierungen können wir nachvollziehen, ob sich eine neue Variante zum Beispiel schneller ausbreitet.
Zum Vergleich: In der Schweiz ist es nur gerade jede 100. Probe. Dennoch liegt die Schweiz damit klar vor den Nachbarländern. Es sei dennoch zu wenig, so Biostatikerin Tanja Stadler. Man brauche einen besseren Überblick über die neuen Varianten so die Expertin. Für die Professorin der ETH Zürich ist klar: «Nur mit Sequenzierungen können wir nachvollziehen, ob sich eine neue Variante zum Beispiel schneller ausbreitet.»
Politik will mitreden
Inzwischen gibt die Suche nach den mutierten Viren auch politisch zu reden. Der Föderalismus stosse einmal mehr an seine Grenzen, sagt Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel gegenüber SRF News.
Sie will eine nationale Strategie bei der Sequenzierung. «Wir sind offensichtlich europäischer Durchschnitt, weit hinter Grossbritannien und Dänemark. Das ist bedauerlich für ein Land, das von sich sagt, es habe das beste und teuerste Gesundheitssystem», so die CVP Nationalrätin.
Wir sind offensichtlich europäischer Durchschnitt, weit hinter Grossbritannien und Dänemark. Das ist bedauerlich für ein Land, das von sich sagt es, habe das beste und teuerste Gesundheitssystem.
Das Bundesamt für Gesundheit teilt heute schriftlich mit, dass das System der Sequenzierungen von den Labors konstant weiterentwickelt werde und sich das Volumen von Tag zu Tag erhöhe. Bereits nächste Woche wird die Sequenzierung Thema in der Sitzung der zuständigen Gesundheitskommission des Nationalrates sein.
«Die Situation kann schnell ändern»
Die fünf Labore der Schweizer Universitätsspitäler haben sich inzwischen zusammengeschlossen, um die Analysen der Tests rund um die mutierten Coronaviren bestmöglich auszutauschen. Eine solche nationale Strategie sei zentral, so der Genfer Infektiologe Manuel Schibler. Gleichzeitig haben die Contact Tracer Ihre Arbeit intensiviert.
In Genf arbeitet eine Gruppe zwischen fünf und zehn Leuten nur noch an der Überprüfung der Kontakte rund um Personen, die positiv auf die neuen Varianten des Coronavirus getestet wurden. Die Zeit drängt. Die Fälle der mutierten Coronaviren häufen sich. Für den stellvertretenden Leiter des Genfer Labors ist klar: «Die Situation kann sich schnell ändern». Ab einem bestimmten Punkt werde man es sich nicht mehr erlauben können, jeden einzelnen Corona-Test auf mögliche Mutationen zu testen.