«Eine Lutschtablette (Gly-Coramin) enthielt eine unerlaubte Substanz. Ich habe einen folgenschweren Irrtum begangen. Es tut mir leid», schrieb Kariem Hussein am Freitagmorgen auf Twitter. Der 32-Jährige wurde nach einem positiven Dopingtest für neun Monate gesperrt und kann somit nicht an den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen.
Die von Hussein beschriebene Tablette ist unter Hobbysportlern auch als «Power-Sugus» bekannt, da sie dem altbekannten Sugus sehr ähnlich sieht. Das Arzneimittel wird vom Hersteller als «energiespendend, atem- und kreislaufanregend» beworben.
Auf dem Produktflyer spricht der Hersteller explizit Freizeitsportler und «aktive» Senioren als Zielgruppen an. Als Anwendungsbereich werden Wandern, Biken, Klettern und Schneesport genannt. Und weiter heisst es: «Die Einnahme von Gly-Coramin kann eine positive Reaktion bei Antidopingkontrollen zur Folge haben.»
Die «unerlaubte Substanz»
Der Grund für den Warnhinweis des Herstellers ist der Inhaltsstoff Nikethamid. Dieser steht auf der Dopingliste der Stiftung Antidoping Schweiz und wurde Kariem Hussein nun zum Verhängnis. «Nikethamid ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Analeptika mit stimulierenden Eigenschaften auf den Kreislauf, das Nervensystem und die Atmung», sagt Michael Jäger-Rhomberg, Marketingleiter bei der Firma Hänseler aus Herisau (AR), welche das Gly-Coramin vertreibt.
Das Arzneimittel könne bei Ermüdungserscheinungen durch körperliche Anstrengung und bei Beschwerden durch einen Höhenaufenthalt beim Bergsteigen verwendet werden. Dass die Lutschtablette nun dazu geführt hat, dass ein Schweizer Sportler für die Olympischen Spiele gesperrt ist, sei zu bedauern, so Jäger-Rhomberg.
Nicht der erste Dopingfall wegen Nikethamid
Kariem Hussein ist nicht der erste Sportler, der wegen Nikethamid gesperrt wurde. Einer der bisher prominentesten Fälle ist jener des kroatischen Tennisspielers Marin Cilic. Bei diesem wurde die Substanz 2013 in einer Dopingprobe nachgewiesen. Cilic gab an, das Mittel unwissentlich über eine in der Apotheke beschaffte Glukose-Tablette zu sich genommen zu haben.
Ob es sich bei der Tablette im Fall von Marin Cilic um eine Lutschtablette der Firma Hänseler aus Herisau gehandelt hat, ist nicht bekannt. Das Medikament kam jedoch bereits 2006 in die Schlagzeilen, als Gly-Coramin noch vom Pharmakonzern Novartis vertrieben wurde. Novartis wurde in der SRF-Sendung «Kassensturz» kritisiert, weil der Konzern das Medikament mit einer umstrittenen Kampagne bei einer jüngeren Zielgruppe neu positionieren wollte.