Wenn die Schweiz ihre Energieziele bis 2050 erreichen möchte, dann braucht sie auch viel mehr Windkraftanlagen. Sieben Prozent des Stroms sollen bis dann aus der Windenergie kommen. Heute sind es gerade mal 0.3 Prozent. Doch wo sollen diese Anlagen gebaut werden?
Eine aktuelle Studie der ETH Zürich wollte herausfinden, wo Windräder am wenigsten umstritten wären und wo es mit der Raumplanung schneller vorangehen sollte. Das Ergebnis: vorwiegend im Gebiet zwischen Bielersee und Genfersee, unter anderem auf fruchtbarem Ackerland, wie zum Beispiel dem Seeland.
Höhere Akzeptanz in bebauten Gebieten
In diesem Gebiet bläst der Wind stark und das Land ist nicht mehr unberührt. Aus diesem Grund wäre die Akzeptanz für die Anlagen wohl auch grösser.
Um dies zu beweisen, wurden Probandinnen und Probanden aus der ganzen Schweiz Bilder von Landschaften mit und ohne Windräder gezeigt. Gleichzeitig las man per Lügendetektor ihre Emotionen ab.
Studienleiterin Adrienne Grêt-Regamey erklärt: «Wenn ein Gebiet schon bebaut ist, also schon quasi eine Beeinträchtigung hat, dann wurden die Standorte eher als gut bewertet, als bei unberührten Berglandschaften.»
Ackerland für Windenergie opfern?
Windanlagen zwischen Bieler- und Genfersee: Es könnte also auch das Ackerland des Seelands betreffen. Das wäre für die Vereinigung der Gemüseproduzenten der Kantone Bern und Freiburg keine gute Nachricht. Vorstandsmitglied Thomas Wyssa sagt: «Wir haben hier wirklich das beste Ackerland, produzieren hier bis zu 25 Prozent des Schweizer Gemüses. Da fragt man sich schon: Will man diesen Boden opfern?»
Grêt-Regamey sagt dazu: «Man muss natürlich daran denken, dass man hier von wichtigen Flächen für die Versorgungssicherheit redet.» Es gehe darum, dafür zu sorgen, dass so wenig Boden wie möglich zerstört wird. Doch sie betont: Mit grossen Anlagen im besagten Gebiet könne man auf viele andere Anlagen in der Schweiz verzichten – zum Beispiel in den Bergregionen.
Wir haben in der Schweiz ein Potenzial von 50 Prozent unseres Stromverbrauchs.
Laut Suisse Eole, ein Verein der Interessenvertreter der Windenergie, dürfe man nicht auf geeignete Standorte für Windenergie verzichten. Mediensprecherin Anita Niederhäusern meint: «Wir haben in der Schweiz ein Potenzial von 50 Prozent unseres Stromverbrauchs.» Das Problem seien in erster Linie die langen Planungs- und Bewilligungsverfahren von bis zu zwei Jahrzehnten, bis gebaut werden kann. Niederhäusern: «So kommen wir nirgends hin!»
Doch ohnehin stünde heute möglichen Windturbinen auf Ackerland die Raumplanung im Weg. So ist der Bau von Windkraftanlagen im heutigen Windkonzept des Bundes zum Beispiel auf besonders wertvollen Fruchtfolgeflächen sehr eingeschränkt.
Suisse Eole und auch die ETH sind sich einig: Bewilligungsverfahren müssen geändert werden. Bis es zu den Windturbinen im Seeland kommt, ist es aber noch ein langer Weg.