Babys aus dem Reagenzglas sind in der Schweiz keine Seltenheit mehr. 6000 Paaren wurde 2012 so der lang ersehnte Kinderwunsch erfüllt. Hier herrscht Einigkeit.
Zerstritten sind die Kammern in Bezug auf die Präimplantationsdiagnostik (PID). Der Nationalrat will hier weitergehen als der Stände- und der Bundesrat. Vorsorgliche Gentests bzw. die Untersuchung von Chromosomen sollen bei allen künstlichen Befruchtungen durchgeführt werden dürfen.
Gendefekte wie Trisomie-21 (Down-Syndrom) könnten so frühzeitig erkannt werden. Bundes- und Ständerat hingegen wollten dies nur bei Verdacht auf schwere und unheilbare Erbkrankheiten erlauben.
Der Fortschritt der Wissenschaft ritzt wieder einmal an der Ethik, und das in einem äusserst sensiblen Bereich. Der Behindertenverband Insieme spricht von «Selektionsautomatismus», die Bischofskonferenz von einer Aufweichung vor dem Schutz des Lebens.
Keine Götter in Weiss
Fortpflanzungsmediziner kritisieren die restriktive Variante und plädieren für eine liberalere Regelung. Ansonsten würden Paare weiterhin ins Ausland ausweichen.
«Wir sind keine Götter in Weiss», sagte der Chefarzt des Universitätsspitals Basel, Christian De Geyter. Bereits heute würden Embryonen vor der Einpflanzung untersucht, allerdings mit einer eher unzureichenden Diagnostik. Mit der Liberalisierung wäre die Erfolgsquote höher, den Eltern könnte damit viel Leid und Schmerz erspart werden und nicht zuletzt auch viel Geld. Ausserdem seien solche Abklärungen an Embryonen im Mutterleib längst Standard.
Die Nationalrätin Maya Graf ist nicht generell gegen PID. «Für viele Eltern ist die Reproduktionsmedizin die einzige Chance überhaupt Kinder zu bekommen.» Bei Verdacht auf schwere und unheilbare Erbkrankheiten sei diese Art der Abklärung durchaus am Platz. Breite Chromosomentests lehnt die Grüne aber klar ab. Zumal sich die bisherigen Test als wenig zuverlässige erwiesen hätten.
Ein Gesetz für die Zukunft
Tatsächlich seien die Screenings noch fehlerhaft, bestätigte der Mediziner De Geyter. Aber schon in nächster Zeit würden neue, effektivere Test zu Verfügung stehen. Genau deshalb sollte man nun ein Gesetz für die Zukunft schaffen, welches gewisse Optionen beinhalte.
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Genau hier hat Christian Lohr grosse Bedenken. «Wie weit wollen Sie denn mit der Forschung noch gehen», fragte der CVP-Nationalrat. Hier ortet er ethische Probleme, denn das würde nicht mehr dem natürlichen Prozess entsprechen. Zwischen Kinderwunsch und Wunschkind gebe es schon noch einen Unterschied. Maya Graf geht noch weiter: «Wir können diese Frage nicht einfach an die Medizin delegieren, aber auch der Gesetzgeber stösst in dieser Frage an die Grenzen.» Eine breite gesellschaftliche Diskussion sei deshalb nötig.
Es gibt kein Recht auf ein gesundes Kind
«Zur Debatte stehen ja nicht Design-Babys. Es ist ein Individuum, das man einpflanzt, um einen lang gehegten Kinderwunsch zu erfüllen», entgegnete BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti.
«Eine sachliche Diskussion sei durchaus wünschenswert, meinte Christian Lohr. «Es geht hier aber um ein Lebewesen, um tiefere Werte.» So ein schnelles Durchwinken im Rat sei fehl am Platz. Die Diskussion sei noch längst nicht abgeschlossen.