Mit einem wuchtigen Nein von 71,6 Prozent haben die Schweizer Stimmberechtigten die Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren verworfen. Trotzdem reagiert der grösste Nutzniesser der jährlich knapp 1,3 Milliarden Franken Gebühreineinnnahmen, die SRG, mit Sparankündigungen: Unter dem Strich müsse sie 100 Millionen Franken pro Jahr eingsparen, was auch Stellen kosten werde, kündigte SRG-Generaldirektor Gilles Marchand an. Zudem stoppt er die Unterbrecherwerbung bei Spielfilmen.
FDP und SVP orten grösseres Sparpotenzial
Nicht allen Präsidenten der Bundesratsparteien geht das weit genug: «Wir gehen von einem grösseren Sparbetrag aus», sagt Petra Gössi. Allerdings gebe es hier noch grösseren Diskussionsbedarf. Dabei bringt die FDP-Präsidentin eine wiederholt von ihrer Partei geforderten Befreiung der Unternehmen von der Medienabgabe ins Spiel.
Marchands Reformen gehen in die richtige Richtung.
Dafür macht sich auch SVP-Präsident Albert Rösti stark. Ihn freut vor allem, dass der Druck, den seine Partei mit einer Ja-Empfehlung aufgesetzt hat, jetzt Erfolge zeitige: «Der SRG-Direktor hat bereits Reformen angekündigt, die in die richtige Richtung gehen.» Die SVP habe bereits in der Vergangenheit eine ganze Palette von Vorschlägen zur Senkung der Radio- und TV-Gebühren präsentiert, so Rösti.
Konkret kann er sich ein Einsparungspotenzial von bis zu 300 Millionen Franken oder 20 Prozent des SRG-Budgets vorstellen – vor allem durch Effizienzgewinne. Man wolle nun auf dem politischen Weg versuchen, in dieser Richtung voranzukommen, so Rösti. Deshalb werde seine Partei die angekündigte Halbierungsinitiative wohl vorerst nicht lancieren.
Sparen ja – aber wo genau?
Das Sparpotenzial bei der SRG muss für CVP-Präsident Gerhard Pfister noch nicht jetzt festgelegt werden. Es müsse dabei auch über Inhalte diskutiert werden. Und das werde im Parlament noch viel zu reden geben. Für Pfister müssen jene Inhalte, die «in der gleichen Qualität» von Privaten gemacht werden können, nicht von der SRG angeboten werden.
Das Volk will einen guten Service public.
Etwas anders sieht das SP-Präsident Christian Levrat: «Der Service public ist jetzt zweimal vom Volk bestätigt worden.» Mit den 365 Franken Gebühren pro Jahr könne man nun einen guten Service public anbieten: «Das ist das, was das Volk will.» Levrat betont, dass es nach dem heutigen Abstimmungsergebnis keinen Auftrag an die SRG gebe, ihr Budget um bis zu 20 Prozent zu verkleinern, wie das die SVP verlangt.
«Staatsfernsehen» verhindern
Für alle drei bürgerlichen Parteichefs ist klar, dass sich die SRG reformieren muss, auch wenn jetzt klar sei, dass das Schweizer Volk grundsätzlich eine SRG und einen Service public wolle, wie Gössi es ausdrückte. Wie genau das Programm der SRG auszusehen habe, müsse allerdings nicht die Politik vorgeben, sonst sei man dann bald einmal beim «Staatsfernsehen», so die FDP-Präsidentin.
Bei der SRG ist nicht alles gut.
Auch für CVP-Präsident Pfister «ist bei der SRG nicht alles gut». Erfreut ist er deshalb, dass ihr Direktor Reformen angekündigt habe. Er sieht etwa im Onlinebereich Handlungsbedarf. Hier würden private Verlage konkurrenziert. Schritte in die richtige Richtung habe SRG-Präsident Marchand heute ja angekündigt. So sollen künftig auf den SRG-Websteiten keine Newstexte mehr publiziert werden, die keine audiovisuellen Elemente enthalten.
SRG muss der Digitalisierung Rechnung tragen
SP-Präsident Levrat seinerseits betont, dass sich die SRG schon seit zehn Jahre reformiere. Dies müsse weitergehen, vor allem müsse der Digitalisierung Rechnung getragen werden. Etwas süffisant stellt er fest, dass sich seine bürgerlichen Kollegen schnell einig seien, dass die SRG mehr sparen müsse. Wenn es allerdings darum gehe, konkret zu werden, herrsche grosse Uneinigkeit vor.
Wir müssen die ganze Schweizer Medienlandschaft anschauen.
Sodann kommen die Parteipräsidenten auf die anstehende Parlamentsdebatte über ein Mediengesetz zu sprechen. FDP-Präsidentin Gössi betont, dass dabei die ganze Medienlandschaft der Schweiz angeschaut werden müsse. Rösti allerdings wirft ein, dass er befürchte, dass am Ende alle Privaten, auch Printmedien, vom Bund finanziell unterstützt würden. Das lehne seine Partei ab.
Unabhängige Medienlandschaft. Aber wie?
Rösti glaubt, es reiche, die SRG bei der Werbung zu beschränken, so bleibe genügend Werbung für die Privaten übrig. Für SP-Präsident Levrat taugen die bürgerlichen Rezepte allerdings wenig. Um eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft in der Schweiz zu erhalten, «werden wir nicht um eine Unterstützung der privaten Medien herumkommen», ist der SP-Präsident überzeugt. Zu deren Finanzierung bringt Levrat eine Besteuerung von Facebook, Google & Co. ins Spiel. Was wiederum bei der FDP-Präsidentin auf Widerstand stösst.
Die Diskussion zeigt: Mit dem klaren Nein des Schweizer Volks zur «No Billag»-Initiative ist die Diskussion um die Schweizer Medienlandschaft, die SRG und deren Aufgaben alles andere als abgeschlossen. Man darf gespannt sein.