Für FDP-Präsidentin Petra Gössi ist klar: «Man will nicht, dass Frauen mit Burka oder Nikab unterdrückt werden.» Entsprechend habe dieses Argument am Schluss wohl den Ausschlag für das Ja zur Verhüllungsinitiative gegeben. Zudem hätten die Argumente der rechtskonservativen Kreise sowie die Terrorismus-Frage beim Ja mitgeholfen.
SVP-Präsident Marco Chiesa betont, dass es bei der Initiative vor allem um eine Frage der Regeln des Zusammenlebens in der Schweiz gegangen sei. Zudem sei das Ja des Stimmvolks ein Zeichen gegen den radikalen Islam. «Diesen müssen wir unbedingt überwachen und bekämpfen», so der Tessiner.
Kein Zusammenhang mit Terrorismus
Auch SP-Co-Präsident Cédric Wermuth findet, dass man etwas gegen Extremismus und Terrorismus tun müsse. Doch: «Das hat mit der Verhüllungsinitiative nichts zu tun.»
Die Zustimmung zu dem Volksbegehren habe vielmehr mit dem Argument der unterdrückten Frauen zu tun. Bei diesem Thema werde man die anderen Parteien künftig beim Wort nehmen.
Für Wermuth ist wichtig, dass den muslimischen Frauen jetzt klar signalisiert wird, dass das Ja zum Verhüllungsverbot nicht in erster Linie gegen sie gerichtet sei.
Vermummungsverbot bei Demos
Gerhard Pfister, Präsident der Partei «Die Mitte», betont, es habe sich beim Verhüllungsverbot um eine Stellvertreter-Initiative gehandelt. Es sei um Werte und Normen in unserer Gesellschaft gegangen.
Wie Gössi und Wermuth ist auch er der Ansicht, dass wohl die Frage der Frauenunterdrückung den Ausschlag für das knappe Ja gegeben habe.
Pfister betont zudem, dass das Verhüllungsverbot künftig auch für Demonstrationen gelten wird. «Es ist einer Demokratie unwürdig, sich im Schutz der Anonymität gegen den Rechtsstaat zu wenden und Gewalt auszuüben.» Es sei der klare Wille des Volkes, dass das nun aufhöre.
Schon bald neue E-ID-Vorlage?
Nach dem Nein zur elektronischen Identität gehen die Parteipräsidentin und -präsidenten davon aus, dass in der Sache bald ein neuer Anlauf genommen wird. «Wir brauchen das, sonst sind wir zu wenig innovativ», sagt Chiesa dazu.
Der SVP-Präsident verschliesst sich einer staatlichen Lösung nicht a priori – ebenso wie Gössi, Wermuth oder Pfister. Letzterer aber zweifelt daran, dass der Staat problemlos eine E-ID einführen kann. «Und selbst wenn es der Staat hinkriegt, ist die Frage, ob das die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wollen», betont der «Mitte»-Präsident.
Mindeststandards werden Pflicht
Das knappe Ja zum Freihandelsabkommen mit Indonesien (FHA) schliesslich zeigt für Gössi, dass die Skepsis gegenüber unbeschränktem Freihandel in der Bevölkerung grösser geworden ist – die Nachhaltigkeit müsse offensichtlich ernster genommen werden.
Diese Haltung der FDP freut den SP-Präsidenten – auch wenn Wermuth betont, seine SP werde versuchen, das Inkrafttreten des FHA mit Indonesien aufzuschieben, bis das Land die vorgesehenen Mindeststandards bei den Menschenrechten einhalte.
Pfister seinerseits ist sich sicher, dass die Nachhaltigkeitsstandards des Indonesien-Abkommens künftig zum Mindeststandard für andere ähnliche Abkommen werde. «Darüber muss sich die Wirtschaft im Klaren sein», so der «Mitte»-Präsident.