- Sportvereine, seien es kleine Tennisclubs oder Fussballvereine, müssen eine obligatorische Unfallversicherung abschliessen.
- Viele Klubs wissen das nicht. Und von denen, die es wissen, können viele die hohen Versicherungsprämien kaum bezahlen.
- Mindestens die Hälfte der 20'000 Sportklubs ist deshalb akut bedroht. Die Versicherer suchen nun nach einer Lösung für das Problem.
Es begann ganz harmlos – und aus nachvollziehbaren Gründen: Die grösste Schweizer Unfallversicherung, die Suva, überlegte sich vor einigen Jahren, wie sie Kosten sparen könnte, und kam auf den Sport. Denn jahrelang hatte die Suva alle Kosten übernommen, wenn ein Unfall in einem Sportklub passierte – obwohl solche Klubs eigentlich eigene Unfallversicherungen haben müssten.
Doch nun ändert die Suva ihre Praxis. Christoph Kaufmann von Swiss Olympic, dem Dachverband des Schweizer Sports, sagt: «Aus unserer Sicht ist das ein riesiges Problem. Es rollt wie eine grosse Welle auf die kleinen und mittleren Sportvereine zu.» Und dies ohne dass sie diese Welle überhaupt kommen sehen. Denn bisher hatte ganz selbstverständlich die Versicherung des Hauptarbeitgebers bezahlt, wenn sich jemand in der Freizeit verletzte.
Ein teurer Unfall und der Klub ist Pleite
Damit ist nun Schluss. Und deshalb kann ein einziger Kreuzbandriss – der mit Behandlung und Lohnausfall schnell einmal 50'000 Franken kostet – einen Klub ruinieren. Nur: Die überwältigende Mehrzahl der rund 20'000 Klubs in der Schweiz weiss gar nicht, dass eine Unfallversicherung Pflicht wäre, sobald mindestens eine Person Lohn oder Spesen von diesem Klub bezieht.
Das zweite Problem: Für die Versicherungen ist das Geschäft mit dem Sport oft ein Verlustgeschäft, weshalb sie kleine und mittlere Sportklubs gar nicht oder nur gegen extrem hohe Prämien versichern. Das ist nicht nur für die Sportklubs unbefriedigend. Auch die Versicherungen sind mit dieser Situation nicht glücklich. Deren gemeinsames Gremium, die Ad-hoc-Kommission der Unfallversicherer, will im November eine Empfehlung abgeben, um schweizweit die gleichen Regeln zu haben.
Elementarschadenversicherung als Vorbild
Auch der Schweizerische Versicherungsverband prüft neue Modelle, mit denen sowohl das Risiko für die Versicherer, als auch die Prämien für die Vereine minimiert werden könnten. Verbandssprecherin Sabine Alder nennt zwei konkrete Ansätze. Einer sieht Rahmenverträge mit Sportverbänden vor.
«Denn so würden viele Sportclubs gleichzeitig versichert werden. Dadurch könnten die Risiken besser gestreut werden.» Eine andere Möglichkeit wäre eine Poollösung, so Alder weiter: «Um die Zahlungen unter den Versicherern zu verteilen, so wie wir es von der Elementarschadenversicherung kennen.»
Einstufung als Hochrisikoberuf per Gesetz?
Mehrere Klubs zusammen versichern oder mehr Solidarität unter den Versicherern: Wie lange die Prüfung dieser beiden Vorschläge noch dauern wird, sei schwierig abzuschätzen, sagt Alder. Die einfache Lösung wäre aber wohl, den Sport bei der Suva zu versichern, sagt auch Christoph Kaufmann von Swiss Olympic.
«Wenn der Sport als Hochrisikoberuf eingestuft wird, wäre dies ein Weg, wie wir von der Suva versichert werden könnten.» Denn diese versichere ja auch andere Hochrisikoberufe, «zu anständigen Prämien, die weit unter denen liegen, die die Sportvereine jetzt bezahlen sollen», so Kaufmann. Im Moment darf die Suva Sportvereine allerdings nicht versichern, weil dies nicht in ihrem gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeitsbereich liegt.
Eine Gesetzesänderung ist möglich – dauert aber erfahrungsgemäss wohl mindestens fünf Jahre. Das wäre eine lange Übergangszeit. Immerhin: Drei Jahre nachdem die Suva die Praxis dem Gesetz angepasst hat, um Kosten zu sparen, machen sich Sport und Versicherer gemeinsam Gedanken, wie man das sinnvoll tun kann. Für den Sport besteht Gefahr, denn sonst werden grosse Teile der Sportklubs von der Kostenwelle nach Unfällen einfach weggespült.