«Ich kann es noch gar nicht richtig in Worte fassen. Es ist unglaublich», sagt Team-Captain Lara Christen am Tag nach dem grossen Spiel. Die 22-jährige Verteidigerin ist noch etwas müde, die Nacht war kurz. «Wir haben den Titel gefeiert und haben recht Gas gegeben.»
Der Meistertitel ist eine Premiere für die SC Bern Frauen. Eine Überraschung ist der Titel aber nicht. Bereits vor zwei Jahren stand das Team im Playoff-Final, unterlag aber. Damals noch unter dem Namen Bomo Thun. Seit Sommer 2023 gehören die «Bärner Oberländer Modis» offiziell zum SC Bern. Bomo Thun sah eine Chance, sich sportlich und wirtschaftlich weiterzuentwickeln, der SC Bern eine Chance, das Fraueneishockey in der Region gezielt zu fördern.
Im Frühling 2024 stand das Team unter neuen Namen erneut im Playoff-Final, unterlag aber wieder. Beim dritten Anlauf hat es nun geklappt. «Es ist eine grosse Freude. Wir haben hart für den Meistertitel gearbeitet», so Köbi Kölliker, Sportchef der SCB-Frauen.
Eine «eigene Garderobe»
Köbi Kölliker hat den Wechsel von Thun nach Bern miterlebt. «Unter dem Dach vom SCB können wir nun in einem professionellen Umfeld arbeiten». Das sei ein wichtiger Baustein für den Erfolg. Statt auf einer Kunsteisbahn in Thun trainieren und spielen die Frauen nun im grossen Berner Eisstadion.
«Auf und neben dem Eis profitieren wir von professionellen Strukturen.» So habe das Team zum Beispiel eine eigene Garderobe. «Es gibt eine Trainingshalle, Krafträume, alles unter einem Dach, das macht vieles einfacher», erzählt Kölliker. Aber auch das Marketing und die Medienarbeit sei professionalisiert.
Der Frauenfussball ist dem Eishockey mindestens zehn Jahre voraus.
Einen grossen Hockeyclub im Rücken zu haben, sei wichtig, sagt Verteidigerin Lara Christen. «So kommen wir mit dem Fraueneishockey vorwärts.» Vieles hat sich mit dem Wechsel für das Team verbessert. Trotzdem: Vom Sport leben können die wenigsten von ihnen.
Fraueneishockey hat in der Schweiz noch immer einen schweren Stand. «Der Frauenfussball ist dem Eishockey in dieser Hinsicht mindestens zehn Jahre voraus», ist Kölliker überzeugt. Denn die Frauen profitierten zwar von der Infrastruktur des Männerhockeys, seien finanziell aber grösstenteils auf sich selbst gestellt. «Wir arbeiten hart für jeden Franken. Wir müssen und wollen uns selbst finanzieren», so Kölliker.
«Hockey ist ein Vollzeithobby»
Viele im Berner Frauenteam studieren oder arbeiten, nur vier Spielerinnen aus dem Ausland verdienen ihr Geld mit dem Eishockey. «Einige meiner Teamkolleginnen mussten auch heute Morgen wieder arbeiten», so Team-Captain Lara Christen. «Ich durfte zum Glück freimachen und konnte den Meistertitel gestern richtig geniessen.»
Lara Christen verdient ihren Lebensunterhalt in einem Ingenieurbüro in Huttwil BE. «Der Sport ist ein Vollzeithobby.» Dreimal pro Woche fährt sie fürs Training nach der Arbeit nach Bern. «Gute Organisation und Verständnis vom Arbeitgeber ist wichtig. Mein Alltag ist durchgetaktet und dann muss man auch schauen, dass die Regenration nicht zu kurz kommt.»
Für Sportchef Kölliker ist klar: Ohne die Bereitschaft der Spielerinnen wäre ein Meistertitel nicht möglich. «Was sie auf sich nehmen, um Hockey zu spielen, muss man ihnen hoch anrechnen.» Das Ziel sei, längerfristig eine Art «Halb-Profitum» zu erreichen, so Köbi Kölliker. Mit Trainingseinheiten am Nachmittag. «Wir arbeiten daran. Aber es braucht Zeit.»