Menschen auf der Strasse, Transparente, Parolen: Demonstrationen zeigen, dass ein Thema unter den Nägeln brennt. In Städten wie Zürich, Basel oder Bern gehören sie zum Alltag der politischen Auseinandersetzung.
Über Auslöser und Ablauf einer Demo informieren Medien heute in Echtzeit. Sie verfolgen das Geschehen aus unterschiedlichen Perspektiven und schauen dabei Teilnehmenden und Polizei auf die Finger.
In Basel werden jetzt aber Zweifel laut, wie diese Berichterstattung noch möglich ist. Medienschaffende beklagen sich, dass die Polizei sie bei Demo-Einsätzen zunehmend vom Ort des Geschehens fernhalte.
Polizei stoppt verbotene Demos am 21.10.2023
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Anlass für Diskussionen um Pressefreiheit an Demonstrationen in Basel gab zuletzt der Samstag, 21. Oktober 2023, an dem zwei gegnerische Demonstrationen aufeinanderzuprallen drohten. Massnahmenkritische und staatsskeptische Gruppierungen hatten vorab eine Bewilligung erhalten für eine Demo. Antifaschistische Gruppierungen kündigten darauf eine Gegendemo an, beantragten aber keine Bewilligung.
Als später der Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas eskalierte, verbot das Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement alle Demonstrationen an jenem Wochenende. Linksaussen mobilisierte jedoch weiter. Die Massnahmenkritiker hielten an ihrer zweiten, erlaubten Kundgebung im benachbarten Weil am Rhein (D) fest.
Rund 200 Personen eingekesselt
Am Samstag signalisierte die Polizei mit einem Grossaufgebot, das Verbot durchsetzen zu wollen. Als sich dennoch Menschen in Basel zu versammeln begannen, schritt die Polizei ein, auch mit Gummischrot.
Sie kesselte rund 200 Personen neben der Dreirosenbrücke in Kleinbasel ein; Demo-Teilnehmende sollen verzeigt werden. Die Brücke wurde zeitweise komplett abgesperrt, mehrere Tramlinien waren unterbrochen, der Autoverkehr wurde im Quartier umgeleitet.
«Keine Rücksicht auf Einzelschicksale»
Passantinnen und Medienleute wurden gleichermassen weggewiesen – in Teleobjektiv-Distanz. Auf einen Verbandspresseausweis hingewiesen, reagierte ein Polizist in der vordersten Reihe so: «Auf Einzelschicksale können wir keine Rücksicht nehmen.» Dasselbe erlebten mehrere Medienleute.
In der Folge ging die Polizei auch gegen kleinere Ansammlungen von Antifaschisten respektive Massnahmenkritikern in umliegenden Strassen vor. Bei diesem stundenlangen Katz-und-Maus-Spiel blieben Sachbeschädigungen weitgehend aus.
So sagt der langjährige Basler Agenturfotograf Georgios Kefalas von Keystone-SDA, die Polizei habe Medien bei einer Demonstration vom 21. Oktober einen Perimeter fernab des Schauplatzes zugewiesen. Gute Bilder zu machen, sei so schwierig.
Wir müssen einfach zeigen, was passiert ist. Ich werte nicht.
Kefalas unterstreicht, er dokumentiere Sachbeschädigungen von Demonstranten ebenso wie Übergriffe der Polizei. «Wir müssen einfach zeigen, was passiert ist. Ich werte nicht, ich zeige, was passiert. Das muss möglich sein in einer Gesellschaft, die anständig miteinander umgeht.»
Neue Praxis – kein Dialog mehr
Dass die Polizei Fotografen und Reporterinnen wegschicke, sei neu in Basel. Früher habe man miteinander gesprochen, statt praxisferne Regeln festzulegen, sagt Kefalas.
Gleiches beobachtet Kenneth Nars, der seit über 20 Jahren als Pressefotograf in Basel arbeitet. Früher hätten sich Medienschaffende bei Unfällen, Bränden oder Demos relativ frei bewegen können, heute würden sie vom Geschehen ferngehalten.
Ähnliches erlebte Mirjam Kohler von der «Basler Zeitung» (BaZ) am 8. März, als die Polizei am Frauentag eine unbewilligte Demo einkesselte und alle Medienschaffenden in etwa 150 Meter Distanz hielt, ausser Hör- und Sichtweite. «Diese Situation ist für uns sehr unbefriedigend», sagt Kohler. Unabhängig zu berichten, sei so kaum möglich.
Das ist eine Einschränkung der Pressefreiheit.
«Wenn es einfach heisst, es mache keinen Unterschied, ob man Medienschaffende sei oder nicht, und niemand dürfe quasi mitbekommen, was dort abläuft, dann ist das eine Einschränkung der Pressefreiheit.»
Indes machen zum Teil auch Demonstrierende Medien zu schaffen, wie Oliver Sterchi sagt; er ist stellvertretender Leiter des BaZ-Ressorts Region. Er sei mehrmals von Demo-Teilnehmenden angegangen worden und überlege sich daher jeweils gut, wo er hingehen wolle. Dass er sich über seinen Schutz Gedanken machen müsse, sei «keine gute Entwicklung».
Regierung muss Stellung nehmen
Die Sorge um die Pressefreiheit hat nun die Politik erreicht: Ein GLP-Grossrat hat der Regierung kritische Fragen gestellt, mit Verweis auf die Bundesverfassung. Weil die Antworten darauf noch ausstehen, geben die Behörden im Moment keine Auskünfte zum Thema.
Dass jetzt in Basel die Pressefreiheit zum Thema wird, könnte an hitzigen Diskussionen über das erträgliche Mass an Demonstrationen liegen, die in den letzten Jahren angesichts von Verkehrsbehinderungen und Sachschäden auflodern.
Nationaler Aktionsplan soll Medienschaffende schützen
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Die Sicherheitslage von Medienschaffenden und die Medienfreiheit sind auch auf nationaler Ebene ein Thema. Aus Gewerkschaftssicht hat sich beides in der Schweiz in den letzten Jahren verschlechtert.
Das Bundesamt für Kommunikation Bakom, die Mediengewerkschaften SSM und Syndicom sowie weitere Akteure der Medienbranche haben gemeinsam einen «nationalen Aktionsplan zur Sicherheit von Medienschaffenden» erarbeitet und im Mai 2023 lanciert. Im Fokus ist die physische und psychische Integrität der Medienschaffenden im analogen und digitalen Raum.
Angeregt werden darin unter anderem ein runder Tisch mit Medienschaffenden und der Polizei sowie die Vereinheitlichung der Presseausweise. Ebenfalls Thema sind missbräuchliche Gerichtsklagen zwecks Verhinderung missliebiger Berichterstattung.
Das Bakom hat dabei eine unterstützende Rolle. Der Aktionsplan hat empfehlenden Charakter und ist rechtlich nicht bindend. Das Bakom und die Medienbranche wollen 2027 Bilanz ziehen und über die Fortführung und allfällige Anpassungen entscheiden.
Bei Grosseinsätzen zieht die Basler Polizei auch Ordnungskräfte anderer Kantone bei, etwa aus Zürich. Von dort könnte sie eigentlich neben Personal und Wasserwerfern auch Taktisches übernehmen: Die Stadtpolizei Zürich hält in einem Merkblatt fest, dass sie die Medienfreiheit respektiere, solange die Polizeiarbeit nicht behindert werde. Und sie anerkenne Presseausweise von Branchenverbänden.
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