Das Wichtigste in Kürze
- Bei knapp 400 Medikamenten in der Schweiz herrscht aktuell ein Lieferengpass. Die Ursache ist unter anderem ein Brand in einer Pharmafabrik in China.
- Spitalapotheker Enea Martinelli sagt: Im schlimmsten Fall müsse man auf einen anderen Wirkstoff ausweichen – und das ziehe einige Konsequenzen nach sich.
«Rekord um Rekord wird gebrochen» – das twitterte Spitalapotheker Enea Martinelli aus Interlaken kürzlich zu den Lieferengpässen. Hierzulande führt er die umfassendste Liste mit aktuell 388 Medikamenten.
Gut, wenn er Alternativen empfehlen kann, doch: «Im schlimmsten Fall – und das ist nun eben der Fall – muss man auf einen anderen Wirkstoff ausweichen. Das heisst: Patienten neu einstellen», sagt Martinelli und erklärt weiter. «Das hat mehr Arztbesuche und höhere Kosten zur Folge – hat also einen riesigen Rattenschwanz an Konsequenzen.»
Das hat mehr Arztbesuche zur Folge, hat höhere Kosten zur Folge – hat also einen riesigen Rattenschwanz an Konsequenzen.
Die Liste des Bundes, welcher Buch über wichtige Schmerzmittel, Antibiotika und Impfstoffe führt, ist kürzer. Ueli Haudenschild ist beim Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung zuständig. Er sagt: «Es ist problematisch, dass permanent wichtige Produkte fehlen. Aber es ist nicht so, dass das jetzt ein Peak wäre, sondern wir beobachten die Situation etwa seit zwei Jahren in diesem Umfang.»
Bei den Antibiotika fehlten einzelne Wirkstoffe – 20 Mal allein im vergangenen Jahr sei das vorgekommen, sagt Haudenschild, denn: Diese Wirkstoffe werden in wenigen Anlagen der Welt hergestellt. Wenn also wie vor zwei Jahren ein Wirbelsturm in Puerto Rico oder ein Brand in einer Fabrik in China die Produktion lahmlegt, dann spürt das die ganze Pharmabranche.
Es ist problematisch, dass permanent wichtige Produkte fehlen. Aber es ist nicht so, dass das jetzt ein Peak wäre, sondern wir beobachten die Situation jetzt etwa seit zwei Jahren in diesem Umfang.
Bei den Antibiotika verfügt die Schweiz über Pflichtlager und kann so Engpässe für ein paar Monate überbrücken. Seit zwei Jahren möchte das der Bund auch bei den Impfungen tun können. Allerdings ist die weltweite Nachfrage nach Impfungen stark und schneller gewachsen als deren Produktion.
«Bei den Impfstoffen, bei denen wir eigentlich die Pflichtlager aufbauen möchten, haben wir natürlich ein Riesenproblem», sagt Haudenschild. Seien die Produkte nicht einmal für den Markt verfügbar, dann könne man dem Markt erst recht nicht zusätzliche Produkte entziehen, um diese zu lagern.
Die zuständigen Stellen hoffen auf ein besseres nächstes Jahr. Die Medikamente aber bleiben vorerst knapp.