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Prozess am Berner Obergericht Sexpartnerin im Thunersee versenkt: Freispruch gefordert

Im Berufungsprozess um die im Thunersee versenkte Frau zweifelt die Verteidigung das Gutachten an – und will Freispruch.

  • Ein Mann aus dem Baselbiet soll seine Sexpartnerin zuerst getötet und dann mit einem Baustellenklotz im Thunersee versenkt haben.
  • Der Angeklagte spricht von einem Unfall, es sei zu keinem Streit gekommen.
  • Der Verteidiger fordert nun im Berufungsprozess einen Freispruch, die Staatsanwaltschaft lebenslänglich.

Freispruch oder lebenslange Freiheitsstrafe? Diese heikle Frage muss das Berner Obergericht in einem Mordfall entscheiden. Ein heute 40-jähriger Baselbieter soll im Januar 2021 eine Sexpartnerin brutal umgebracht und die Leiche anschliessend im Thunersee versenkt haben. Er selber spricht von einem Unfall.

Das erstinstanzliche Regionalgericht in Thun sah in der Unfallversion des Angeklagten eine Schutzbehauptung und sprach ihn des Mordes schuldig. Von einem rein sexuellen Motiv für die Tötung ging das Regionalgericht aber nicht aus.

Leiche mit Baustellenklotz ins Wasser geworfen – aus Panik?

Es verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 17 Jahren und 8 Monaten. Ausserdem ordnete es eine ambulante therapeutische Massnahme an, da der Mann an einer dissoziativen Störung leide und der Verdacht auf eine sexuell-sadistische Störung vorliege. Vor dem Obergericht beharrte der Angeklagte auf seiner Unfallversion.

Er habe zu einer ehemaligen Sexpartnerin wieder Kontakt gesucht. Bei einem Treffen an einem abgelegenen Ort im Bruderholz bei Basel sei die Frau gestürzt und habe sich am Kopf verletzt. Er habe bei ihr keine Lebenszeichen mehr gespürt und sei in Panik verfallen, bekräftigte der Angeklagte. Statt die Frau ins Spital zu fahren oder Hilfe zu holen, habe er sie gefesselt, mit einem Baustellensockel beschwert und dann am Thunersee bei Gunten ins Wasser geworfen.

Darum fordert Verteidigung einen Freispruch

Der Verteidiger geisselte die Gutachten, auf die sich das erstinstanzliche Gericht bei seinem Schuldspruch gestützt hatte. Die Gutachtenden hätten entlastende Momente zugunsten des Angeklagten zu wenig geprüft.

Der Angeklagte habe den Sturz der Frau nicht gesehen, weil er zu dieser Zeit gerade aus dem Auto ausgestiegen sei. Dass er zum Sturz nicht viel sagen könne, dürfe man ihm nicht ankreiden. Sein Mandant sei nach dem Grundsatz «im Zweifel für den Angeklagten» vom Vorwurf des Mordes freizusprechen.

«Von Angesicht zu Angesicht» erdrosselt?

Ganz anders argumentierte der Staatsanwalt. In den Wochen vor der Tat habe sich der Mann intensiv mit sadistisch-sexualisierter Gewalt beschäftigt und dann alles daran gesetzt, eine alte Sexpartnerin zu reaktivieren, um seine Fantasien in der Realität auszuleben. Er habe die Frau unter einem Vorwand in sein Fahrzeug gelockt und sei mit ihr ins Bruderholz bei Basel gefahren. Die Frau habe sich seinen sexuellen Wünschen widersetzt und zu fliehen versucht.

Der Angeklagte habe sie daraufhin mit einem hammerähnlichen Gegenstand niedergeschlagen und an Händen und Füssen gefesselt. Später habe er sie im Fahrzeug «von Angesicht zu Angesicht» erdrosselt, um sich an ihren Qualen zu erregen.

Der Staatsanwalt betonte, die kritisierten Gutachten seien stichhaltig. Entlastende Momente seien genügend abgeklärt worden. Vielmehr sei es so, dass die Aussagen des Angeklagten nicht mit den rechtsmedizinischen Befunden übereinstimmten.

Das Obergericht wird sein Urteil am Freitagnachmittag bekannt geben.

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 4.2.2025, 12.03 Uhr ; 

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