Worum geht es beim Gerichtsprozess? Der Angeklagte war Richter am Verwaltungsgericht. 2021 soll er eine damals 24-jährige Praktikantin vergewaltigt haben. Nachdem die Vorwürfe bekannt wurden, trat der Angeklagte als Richter zurück. Beim Gerichtsfall geht es um Vergewaltigung und sexuelle Nötigung.
Was wird dem Angeklagten konkret vorgeworfen? Der damalige Richter soll im Dezember 2021 die damalige Praktikantin in seinem Büro vergewaltigt und sexuell genötigt haben. Das mutmassliche Opfer soll dem Beschuldigten von Anfang an klargemacht haben, dass sie die sexuellen Handlungen nicht wolle. Zudem habe sie versucht, den Beschuldigten wegzudrücken. Der Angeklagte streitet die Vorwürfe ab. Es habe zwar einen sexuellen Kontakt gegeben, dieser sei aber einvernehmlich gewesen. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Was sagte das mutmassliche Opfer vor Gericht? Die ehemalige Praktikantin sprach über drei Stunden lang, wirkte gefasst und wählte ihre Worte sehr sorgfältig. Sie erzählte, wie sie sich freute, ein Praktikum bei einem Gericht zu machen. Am Anfang sei alles gut gewesen. Bis der Beschuldigte ihr immer mehr Nachrichten mit sexuellen Andeutungen über den geschäftlichen Chat geschickt habe. Im Dezember 2021 sei es dann zur Vergewaltigung gekommen.
Was sagte der Angeklagte? Dieser redete sehr leise und sagte am Anfang, dass es ihm nicht gut gehe. Die unberechtigten Strafvorwürfe und die mediale Vorverurteilung würden ihn sehr stark belasten. Er bestreitet die Vorwürfe der Klägerin. Die Praktikantin und er hätten geflirtet, hätten sich gut verstanden. Am Abend der mutmasslichen Vergewaltigung hätten beide den sexuellen Kontakt gewollt. Es sei nicht zu einer Penetration gekommen.
Gibt es weitere Vorwürfe? Der Angeklagte soll sich laut Gegenstandsbeschreibung des Regionalgerichts auch der Ausnützung einer Notlage schuldig gemacht haben. Die Geschädigte habe die sexuelle Handlung nur geduldet, weil der Beschuldigte ihr Vorgesetzter und eine angesehene, einflussreiche Person gewesen sei. Ein Abhängigkeitsgefühl, das der Angeklagte ausgenutzt habe.
Hat der Angeklagte weitere Personen geschädigt? Der ehemalige Richter soll auch den Freund der damaligen Praktikantin geschädigt haben. Vor rund einem Jahr soll der Richter in anonymen Briefen gedroht haben, es sei dafür gesorgt worden, dass die Praktikantin und ihr Freund ihre Anwaltsprüfungen in Graubünden nicht bestehen würden. Der Freund wird deshalb ebenfalls als Geschädigter einvernommen.
Worauf plädieren die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung? Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Bei einer Verurteilung müsste der Angeklagte bei einem teilbedingten Vollzug mindestens sechs Monate in Haft. Zusätzlich fordert die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von insgesamt 5400 Franken und eine Busse von 3300 Franken. Auch ein lebenslanges Tätigkeitsverbot wird gefordert, sollte das Gericht zum Schluss kommen, der ehemalige Richter habe seine Macht ausgenutzt. Die Verteidigung fordert einen Freispruch in fast allen Punkten; die Drohung gestand der Angeklagte am Donnerstag. Das Urteil wird für nächste Woche erwartet.