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Prozess in Olten Verwahrung für pädophilen Serientäter gefordert

  • In Olten findet der Gerichtsprozess gegen einen 47-jährigen Pädophilen statt. Er soll mehrere Kinder missbraucht haben.
  • Die Anklage verlangt, den Mann zu verwahren. Die Verteidigung will einen Freispruch.
  • Ein Gutachter erklärte, der Angeklagte sei kaum therapierbar, er anerkenne seine pädophilen Neigungen nicht. Die Verteidigung zweifelt das Gutachten an.
  • Die Solothurner Behörden wurden im vorliegenden Fall heftig kritisiert.

Die Anklage wirft dem als William W. bekannten, mutmasslichen Täter vor, er habe in mindestens drei Fällen Kinder sexuell missbraucht. Die Taten soll er 2018 verübt haben.

Zwei Übergriffe seien in einem Wohnzimmer passiert, so die Staatsanwaltschaft. Er habe sich an zwei Buben – fünf und sechs Jahre alt – vergangen, während sich die Eltern im Nebenzimmer auf eine Hochzeit vorbereitet hätten. Einen Übergriff habe William W. in einem Restaurant begangen, das er betrieben hatte.

Dabei soll er einen achtjährigen Buben auf dem Schulweg angesprochen und ihm eine Cola in seinem Restaurant spendiert haben. Danach sei es in der leeren Gaststube zu einem Übergriff gekommen. Zudem soll er auch zwei Teenager sexuell belästigt haben.

Gutachten angezweifelt

Zum Beginn des Prozesses am Donnerstagmorgen wurden Zeuginnen befragt. Der Angeklagte selbst verweigerte auf Anraten seines Verteidigers die Aussage zu den konkreten Vorwürfen. Selbst zur eigenen Person gab er nur spärlich Auskunft, da alles gegen ihn verwendet werde, wie er sagte.

Gerichtszeichnung, Angeklagter im Vordergrund, im Hintergrund eine Richterin und zwei Richter
Legende: Der Angeklagte äusserte sich vor dem Amtsgericht nicht zu den Vorwürfen gegen ihn. SRF/Erika Bardakci-Egli

Später kritisierte er Therapeuten und Gutachter. «Ich habe schon immer gesagt, dass ich auf Frauen stehe. Aber man glaubte mir das nie.» Er sei müde, «mit diesen Menschen zusammenzuarbeiten», William W. sprach von «manipulativem Getue».

Ein Gutachter bezeichnete den Angeklagten sinngemäss als kaum therapierbar. Der Mann zeige keinerlei Einsicht, dass er überhaupt pädophile Neigungen haben könnte.

Verwahrung gefordert

Die Verteidigung des Angeklagten zweifelte das Gutachten an und verlangte ein neues. Das Gericht hat diese Forderung abgelehnt. Am Freitag folgten die Plädoyers von Anklage und Verteidigung. Der Verteidiger will einen weitgehenden Freispruch verlangen, wie er gegenüber SRF erklärte.

Der Staatsanwalt fordert eine Freiheitsstrafe von 6.5 Jahren und eine Busse von 600 Franken. Zudem soll der Mann verwahrt werden. Schuldsprüche soll es unter anderem wegen sexueller Handlungen mit Kindern, Schändung und sexueller Nötigung geben. Dazu kommen sexuelle Belästigung von Mädchen sowie Konsum und Herstellung von harter Pornografie mit Kindern und Tieren. Wann das Gericht das Urteil fällt, ist noch offen.

Rückfällig während amtlicher Massnahmen

Bereits vor über 20 Jahren wurde der mutmassliche Täter zum ersten Mal verurteilt. Damals, in den 90er-Jahren, im Kanton Aargau, hatte er mehrere Kinder missbraucht.

Mann steigt aus Gefangenentransporter, mit T-Shirt über dem Kopf, diverse Journalisten filmen und fotografieren.
Legende: Der Angeklagte sitzt seit 2018 in Untersuchungshaft. Er wurde am Donnerstagmorgen von der Polizei in den Gerichtssaal geführt. SRF/Marco Jaggi

2006 wurde William W. rückfällig. In Starrkirch-Wil bei Olten vergewaltigte er ein achtjähriges Mädchen. 2016 wurde er wieder freigelassen. Es gab Auflagen: Er musste Fussfesseln tragen, in einem geschützten Wohnheim übernachten, sich bei der Bewährungshilfe melden.

Doch: An diese Auflagen hatte sich William W. offenbar nicht gehalten, wie der «Tages-Anzeiger» Anfang Jahr publik machte. Er sei den Behörden auf der Nase herumgetanzt. Diese hätten ihn zwar mehrmals verwarnt, wirklich viel passiert sei aber nicht.

Haben die Behörden versagt?

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Wie kann ein Straftäter im Vollzug rückfällig werden? Die ganze Schweiz hatte sich diese Frage gestellt im Zusammenhang mit dem Fall William W.

Die Solothurner Regierung hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Diese kam im September 2019 zum Schluss, die Behörden hätten «rechts- und verhältnismässig» gehandelt. Sie hätten getan, was rechtlich möglich sei. Allerdings bestünden Lücken im Bundesrecht.

Der Solothurner Kantonsrat hat inzwischen Lücken geschlossen, er hat ein neues Justizvollzugsgesetz verabschiedet. Politisch ist der unbegreifliche Fall damit aufgearbeitet.

Und dann wurde William W. 2018 offenbar wieder rückfällig. Um die Delikte in dieser Zeit geht es im aktuellen Prozess vor dem Amtsgericht Olten-Gösgen.

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Regionaljournal Aargau Solothurn, 3.12.2020, 8:31 Uhr ; 

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