Die Netzaktivistin gegen den Medienriesen: Am Mittwochvormittag sind diese beiden Parteien vor dem Zuger Kantonsgericht aufeinandergetroffen. Hintergrund ist die Zuger Landammannfeier Ende 2014. Was dort genau geschah, ob Jolanda Spiess-Hegglin Opfer eines Sexualdelikts wurde, diese Frage ist zwar bis heute nicht restlos geklärt und wird wohl auch nie restlos geklärt werden. Vor dem Gericht ging es aber auch nicht darum, sondern um die medialen Folgen der Affäre.
Die Ereignisse rund um diesen Abend hatten eine Vielzahl an Zeitungsartikeln, Online-Berichten, Radio- und TV-Beiträgen ausgelöst. Alleine der Verlag Ringier, zu dem der «Blick» gehört, hat im ersten Jahr nach dem Vorfall fast 170 Artikel publiziert.
Wie hoch ist der Gewinn?
Die ehemalige Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin wehrte sich nun vor Gericht gegen fünf Artikel, mit denen der «Blick» ihre Persönlichkeitsrechte verletzt habe. Konkret verlangte sie von Ringier die Herausgabe des Gewinns, welcher das Medienhaus mit diesen Artikeln gemacht habe. Die Anwältin von Spiess-Hegglin sprach von einem Gewinn von rund 350'000 Franken.
Der Anwalt von Ringier hingegen bezeichnete diese Summe als viel zu hoch. Wenn schon, dann läge die Summe, die die Artikel eingebracht hatten, bei maximal 45'000 Franken. Ringier bestreitet den Anspruch auf den Gewinn durch die Artikel aber grundsätzlich.
Der Ringier-Vertreter führte ins Feld, die fünf zitierten Artikel müssten vor dem Hintergrund der medialen Realität 2015 beobachtet werden. «Und da war halt diese Landammannfeier längst zum Gegenstand öffentlicher Aussprache geworden und gehörte nicht mehr dem Intimsbereich an.»
Damit nahm der Ringier-Anwalt Bezug auf die Vorwürfe der Anklägerin. Jolanda Spiess-Hegglins Anwältin verwies auf Falschangaben in den fünf Artikeln und machte einen schweren Eingriff in die Intimsphäre der Klägerin geltend, etwa mit Aussagen zu DNA-Spuren. An dieser Art von Presseveröffentlichung vor dem Hintergrund eines nicht gewollten sexuellen Kontaktes bestehe kein legitimes Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Urteil wird erst später erwartet
Das Zuger Kantonsgericht muss zur Beurteilung in einem ersten Schritt entscheiden, ob Ringier mit den fünf Artikeln tatsächlich die Persönlichkeitsrechte von Jolanda Spiess-Hegglin verletzt habe. Und falls ja, wie der Gewinn durch Klicks berechnet werden soll. Der Prozess ist am Mittwoch kurz vor Mittag zu Ende gegangen, das Urteil wird aber erst in einigen Wochen erfolgen.
«Blick» hat sich entschuldigt
Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden Parteien vor Gericht aufeinander treffen: Vor zwei Jahren hat das Zuger Kantonsgericht entschieden, dass der «Blick» mit seinem ersten Bericht und der Namensnennung von Spiess-Hegglin deren Persönlichkeitsrechte verletzt hat. Daraufhin entschuldigte sich der «Blick» öffentlich bei Spiess-Hegglin.