Viele werden ihn kennen, den Ärger, wenn man das Tempolimit auf Schweizer Strassen überschritten hat. «Geblitzt» wurde man dann, und man weiss: Bald flattert ein Brief mit einer Busse in den Briefkasten.
Trotz allem Ärger: Dass diese Tempomessungen eine tragende Rolle zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit spielen, ist offensichtlich. So sagt auch Patrizia Koller, Leiterin der Prävention bei der Stiftung RoadCross Schweiz, dem Kompetenzzentrum für Verkehrssicherheit: «Kontrollen sind wichtig und haben eine präventive Wirkung. Wenn man weiss, dass kontrolliert wird und eine Busse droht, werden die Verkehrsregeln vermehrt eingehalten.»
Sieben Kantone kommunizieren Standorte
Genau 1086 «geeichte Geschwindigkeitsmessmittel für amtliche Messungen im Strassenverkehr» seien in der Schweiz im vergangenen Jahr in Verwendung gewesen. Das teilt das Eidgenössische Institut für Metrologie (Metas) auf Anfrage mit. Wo diese jedoch stehen, ist oft ein gut gehütetes Geheimnis.
Erst in den vergangenen Jahren haben einige Kantone entschieden, dieses allmählich zu lüften. Akribisch macht es beispielsweise der Kanton Luzern; stündlich wird die Karte mit den stationären und semistationären Geschwindigkeitsmessanlagen aktualisiert. Auch andere Kantone kommunizieren die Standorte einiger Messanlagen.
Nachziehen wollten zuletzt auch gewisse Teile der Zuger Politik. Drei semistationäre Radaranlagen sollten öffentlich gemacht werden, forderten die SVP und FDP in einem Postulat im Kantonsrat. Das Argument: Die Sicherheit werde «deutlich erhöht», wenn die Verkehrsteilnehmenden wissen, wo die Tempokontrollen stattfinden. Dann werde nämlich das Tempo gedrosselt und achtsamer gefahren. Die Postulanten blieben erfolglos: Der Vorstoss wurde als nicht erheblich erklärt.
Verkehrspsychologe: «Starke Signale»
Markus Hackenfort ist Professor für Verkehrspsychologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Würden Behörden die Standorte der Tempokontrollen kommunizieren, sende man «zwei starke Signale aus». Zunächst würden die Behörden dabei mitteilen, dass es ihnen nicht ums Geld ginge, betont Hackenfort.
Mit der Botschaft, die Standorte der Tempokontrollen mitzuteilen, vermittelt man die Gefahrenorte.
Vielmehr wolle man die Orte, die tatsächlich gefährlich sind, verraten. «Mit der Botschaft, die Standorte der Tempokontrollen mitzuteilen, vermittelt man die Gefahrenorte», so Hackenfort. Durch Transparenz und Sensibilisierung zur Verkehrssicherheit, sozusagen.
Etwas anderer Meinung ist Stefan Siegrist. Seit Anfang 2019 ist er Direktor der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). «Die wissenschaftliche Evidenz ist eindeutig: Die Bekanntgabe von Geschwindigkeitskontrollen an sich ist wirksam, nicht aber das Mitteilen der exakten Standorte.» Wenn also die Polizei einzig kommunizieren würde, in welchem Raum man ungefähr die Messungen durchführe, sei dies effektiver. «Transparenz ist gut und wichtig – aber Kontrollen müssen überraschend sein», betont Siegrist.
Transparenz ist gut und wichtig – aber Kontrollen müssen überraschend sein.
Das Durchführen von Kontrollen begrüssen Siegrist und Hackenfort beide, nur in der Kommunikation gehen die Meinungen auseinander. Klar ist, dass Prävention weiterhin angebracht ist: Jeder vierte, schwere Verkehrsunfall in der Schweiz ist gemäss BFU-Direktor Siegrist auf eine erhöhte Geschwindigkeit zurückzuführen.