Die Lage für den Bundesrat in Sachen Rahmenabkommen wird zurzeit immer ungemütlicher. In fast allen Parteien gibt es grosse Bedenken gegenüber dem Rahmenabkommen. Doch neben den vielen Stimmen, die das Rahmenabkommen kritisieren und gerne scheitern lassen möchten, bauen nun auch jene Drohkulissen auf, die das Rahmenabkommen unbedingt haben wollen.
Volksinitiative soll Rahmenabkommen retten
Nun soll das Volk den Vertrag zwischen der Schweiz und der EU durch eine Volksinitiative retten. Das wollen zumindest zwei Rechtsprofessoren. Den Initiativtext dafür haben sie bereits formuliert.
Doch ob diese Initiative dem Rahmenabkommen zum Durchbruch verhelfen könnte, wagt Laurent Goetschel, Professor für Politikwissenschaften an der Uni Basel, zu bezweifeln: «Ich schreibe dieser Initiative keine grosse Bedeutung zu. Wir hatten solche ähnlichen Initiativen schon in der Vergangenheit. Sie wurden, unabhängig davon, ob sie für oder gegen die EU gelagert waren, immer klar von der Bevölkerung verworfen.» Für den Bundesrat führe kein Weg daran vorbei, dass er selber entscheiden müsse, ob er die Verhandlungen weiterführe oder abbreche, so Goetschel.
Sistierungsplan als Alternative
Ein Abbrechen könnte grosse Konsequenzen für die Schweiz haben, warnt der ehemalige Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen, «Mitte»-Ständerat Benedikt Würth. Er hat einen anderen Vorschlag, um die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU zu retten – einen Sistierungsplan.
Denn momentan sieht er diese Beziehungen durch einen möglichen Verhandlungsabbruch durch den Bundesrat gefährdet. «Wenn die eine Seite verhandeln will und die andere abbricht, dann führt das direkt zu einer erheblichen Eskalation mit einem Schaden für die Wirtschaft, mit einem Schaden für den Forschungsstandort Schweiz, und das möchte ich verhindern.»
Würths Sistierungsplan sieht vor, dass das Abkommen vorerst ruhen soll, bis bessere Ideen aufkommen. In dieser Zeit sollen beide Seiten Blockaden lösen. Die EU soll sich dazu bereit erklären, die bestehenden Abkommen mit der Schweiz zu aktualisieren und neue Abkommen, die nicht den Marktzugang betreffen, abzuschliessen.
Die Schweiz würde im Gegenzug die Kohäsionsmilliarde auszahlen, die das Parlament bisher blockiert. Zudem würde sie zum Beispiel für entsandte Mitarbeitende aus der EU vier statt acht Tage Anmeldefrist akzeptieren. Damit würde sie der EU im Bereich des Lohnschutzes – ein Streitpunkt des Rahmenabkommens – entgegenkommen.
Schweiz kann nicht alleine entscheiden
Auch bei Laurent Goetschel stösst dieser Vorschlag auf Zustimmung, da er helfen würde, die dringendsten Probleme in der Beziehung zwischen der Schweiz und der EU zu überbrücken. Dennoch sei damit noch nicht alles gelöst, denn der Vorschlag «taugt nicht dazu, die langfristigen strukturellen Probleme in der Beziehung zur EU zu lösen», gibt Goetschel zu bedenken.
Somit gäbe es zwar eine Art Waffenstillstand zwischen der Schweiz und der EU, doch die Schweiz kann diesen nicht alleine beschliessen. Dafür braucht sie die EU.