Der Bundesrat nimmt zu den Vorwürfen aus Brüssel nicht Stellung, die Schweiz sei eigene Vorschläge schuldig geblieben. Sprecher André Simonazzi schreibt lediglich: «Der Bundesrat wird sich zu diesen Verhandlungen äussern, wenn er etwas zu kommunizieren hat.»
Dafür äussert sich die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission, die Grünliberale Tiana Angelina Moser: «Das überrascht mich nicht. Das habe ich selbst auch gehört, es enttäuscht mich.» Es sei nun wirklich an der Zeit, dass der Bundesrat in Brüssel selbst seine Vorschläge unterbreite.
Es ist nun wirklich an der Zeit, dass der Bundesrat in Brüssel selbst seine Vorschläge unterbreitet.
«Das zeigt, dass diese Verhandlungen auch von der EU als gescheitert betrachtet werden und dass man die Schuld von sich weisen möchte», sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Das sei verständlich. «Es sind aber auch Anzeichen, dass wohl auch die EU zum Schluss gekommen ist, dass das vorliegende Rahmenabkommen von der Schweiz nicht ratifiziert wird.»
Das zeigt, dass diese Verhandlungen auch von der EU als gescheitert betrachtet werden.
APK-Präsidentin: politische Auseinandersetzung
APK-Präsidentin Moser dagegen will noch nicht aufgeben. Umso wichtiger sei, was jetzt folge, nämlich die politische Auseinandersetzung: «Ich gehe davon aus, dass Bundespräsident Parmelin zusammen mit Bundesrat Cassis und allenfalls weiteren Regierungsmitgliedern nach Brüssel reist und für die Schweiz das Maximum herausholt und unser politisches Kapital ausnutzt.»
Doch Voraussetzung dafür ist, dass die Schweiz neben den bekannten Forderungen auch Vorschläge präsentiert, wie eine Einigung aussehen könnte. Was sie gemäss Brüsseler Seite nicht gemacht hat. Wenn das tatsächlich so ist, stellt sich schon die Frage nach dem politischen Willen des Bundesrates, das Rahmenabkommen überhaupt abzuschliessen.
Markwalder droht mit Vertrauensfrage
FDP-Nationalrätin Christa Markwalder warnt die Regierung, das Abkommen zu beerdigen: «Wenn der Bundesrat erwägen sollte, das InstA gar nicht erst ins Parlament zu bringen und auch nicht in einer Volksabstimmung zu verteidigen, wird sich das Parlament überlegen müssen, ob es bei den Gesamterneuerungswahlen 2023 die Vertrauensfrage stellen soll.»
Markwalder will damit Druck von ihrem FDP-Parteikollegen, Aussenminister Ignazio Cassis, nehmen und den Gesamtbundesrat in die Verantwortung ziehen.
Damit erziele sie das genaue Gegenteil, kontert Pfister: «Wenn man den Gesamtbundesrat in der Verantwortung hat – was meine Auffassung ist – darf man nicht einzelne Vertrauensabstimmungen machen. Denn diese bergen das Risiko politischer Abrechnungen.» Insofern habe Markwalder den Druck auf ihren Aussenminister noch erhöht, was bemerkenswert sei.
Mit anderen Worten: Wenn man bei jedem Bundesrat einzeln Bilanz zieht, wie stark er sich für das Rahmenabkommen eingesetzt hat, fällt ein Scheitern am Schluss doch auf Aussenminister Cassis, weil er Dossier-Verantwortlicher ist.
Meyer erinnert an Reset-Knopf
Somit gibt es auch in der Schweiz den Streit, wer den Schwarzen Peter zieht. Für SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer zeugen all diese Spekulationen auch von einer gewissen Führungsschwäche, insbesondere des zuständigen FDP-Bundesrats Ignazio Cassis. Denn dieser sei vor drei Jahren mit dem Ziel angetreten ist, den Reset-Knopf zu drücken, was er bis heute schuldig geblieben sei.
Die Spekulationen zeugen schon auch von einer gewissen Führungsschwäche, insbesondere von Aussenminister Cassis.
Es ist offensichtlich: Wenn es der Bundesrat tatsächlich nicht gemacht hat, ist es höchste Zeit, Vorschläge zu präsentieren. Sei es für eine Einigung oder – im Falle eines Scheiterns – für einen Plan B.