Die Meldung hat hohe Wellen geschlagen: An der Rudolf-Steiner-Schule in Basel ist am Mittwoch der umstrittene Historiker Daniele Ganser vor 150 Kindern aufgetreten. In einem Referat schilderte er seine Sicht auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Schon bei anderen Auftritten in der Vergangenheit vertrat Ganser dabei Thesen der russische Staatspropaganda. Die Veranstaltung fand während der Unterrichtszeit statt. Eltern reagieren empört.
Ich möchte in keinen Zusammenhang mit Daniele Ganser gebracht werden.
Jetzt distanziert sich mit Benjamin Schenk, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Uni Basel, ein anderer Gastreferent an der Steiner-Schule, von Daniele Ganser: «Ich möchte mit meinem Vortrag von Mitte März an der Steiner-Schule in keinen Zusammenhang mit dem Auftritt von Daniele Ganser gebracht werden.»
Diese Worte des Geschichtsprofessors richten sich auch an die Schulleitung des Steiner-Schule. Denn diese argumentierte zunächst, dass sich der Auftritt von Ganser in eine Reihe von verschiedenen Veranstaltungen zum Krieg in der Ukraine einreihe. Davon habe Schenk aber nichts gewusst: «Diese Behauptung weise ich entschieden und mit Nachdruck zurück», sagt Schenk.
Basler Steiner-Schule verheddert sich
In einer Stellungnahme verteidigte die Schulleitung den Auftritt von Ganser: Er sei Teil einer grösseren Vortragsreihe gewesen. Von dieser Formulierung tritt die Schulleitung nun aber zurück. «Es gab nach dem Vortrag von Professor Schenk im März von Schülern die Bitte, weitere Referenten zum Krieg in der Ukraine einzuladen. Und dann kam der Vorschlag von Schülern, Daniele Ganser anzufragen», sagt Daniel Thiel, Mitglied der Leitung der Rudolf-Steiner-Schule Basel. Benjamin Schenk habe bei seinem Auftritt nicht gewusst, dass später auch Daniele Ganser sprechen wird.
Die Schülerinnen und Schüler sollen sich ihre eigene Meinung bilden können.
Trotzdem verteidigt Thiel den Entscheid, den Referenten Ganser an die Schule eingeladen zu haben: «Es ist uns ein Anliegen, den Schülerinnen und Schülern verschiedene Sichtweisen, auch umstrittene Standpunkte, zu präsentieren. Sie sollen sich ihre eigene Meinung bilden können.» Daniele Ganser ist übrigens selber auch an die Steiner-Schule gegangen. Für seinen Auftritt habe er kein Honorar verlangt.
Schenk: «Die Thesen von Ganser sind geprägt von Verschwörungsnarrativen»
Diese Erklärung überzeugt den Geschichtsprofessor Schenk in keiner Weise: «Es geht hier um eine Veranstaltung, die im Rahmen des Unterrichts stattgefunden hat. Die Schülerinnen und Schüler waren verpflichtet, an diesem Vortrag teilzunehmen. Das finde ich doch sehr problematisch.»
Gerade, weil manche Jugendliche möglicherweise nicht in der Lage seien, die Haltung von Ganser einzuordnen: «Ganser hat sich immer wieder zum Krieg in der Ukraine geäussert. Die Thesen, die er vertritt, sind eindeutig geprägt von Verschwörungsnarrativen», sagt Schenk. Es fehle ihm jegliche fachliche Expertise, um über dieses Thema öffentlich zu sprechen. Daniele Ganser habe nie zu Osteuropa geforscht, er spreche weder Russisch noch Ukrainisch und kenne die Region nur aus den Medien und aus Sekundärliteratur, sagt Schenk.
Von Schweizer Unis ausgeschlossen
Aus diesen Gründen distanzieren sich Schweizer Hochschulen klar von Ganser, so die Uni Basel und auch die Uni St. Gallen. Dazu Schenk: «Es wäre heute unvorstellbar, dass Ganser an einer Schweizer Universität je wieder einen Lehrauftrag findet.»