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Reform der 2. Säule Hart erkämpfter Kompromiss auf wackligen Füssen

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Rentenkompromiss bei 2. Säule
Aus Tagesschau vom 02.07.2019.
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Jetzt liegt er also auf dem Tisch, der gemeinsame Vorschlag von Arbeitgeberverband und Gewerkschaften zur Reform der 2. Säule. Alleine das ist ein Durchbruch. Seit über 15 Jahren lagen sich die beiden Seiten in den Haaren. Die Vertreter der Wirtschaft, Pensionskassen, das Bundesamt für Sozialversicherungen, eigentlich alle ausser SP und Gewerkschaften, waren sich schon lange einig: Die heutigen Renten in der 2. Säule sind aufgrund der gestiegenen Lebenserwartungen gemessen am angesparten Alterskapital viel zu hoch.

Gewerkschaft diktierte den Preis

Das hat zur Folge, dass heute jedes Jahr 5 bis 6 Milliarden Franken (Fr.). von den aktiven Erwerbstätigen zu den Rentnern umverteilt werden. Also muss der Umwandlungssatz gesenkt werden. Das würde ohne Kompensationsmassnahmen zu rund 12% tieferen Renten führen. «Rentenklau» schimpften die linken Kreise seit Jahren. Die 2. Säule war für sie ein gescheitertes Rentenmodell. Sie wollten die AHV stärken, die nicht auf persönlichem Sparen, sondern auf dem solidarischen Umlageprinzip basiert.

Nun ist es dem Arbeitgeberverband gelungen, die Gewerkschaften für eine Reform der 2. Säule und sogar für einen Ausbau derselben mit ins Boot zu holen. Pierre-Yves Maillard, der neue Gewerkschaftsboss, hat den Preis diktiert: Der tiefere Umwandlungssatz wird nicht mit höheren Lohnabzügen auf den heutigen versicherten Einkommen kompensiert. Sondern durch eine Ausdehnung der versicherten Einkommen.

Arbeitgeber wollen Kröte schlucken

Ein Beispiel: Bisher hatte eine 55-jährige Teilzeitangestellte, die 40'000 Fr. verdient, bloss 15'000 Fr. in der 2. Säule versichert. Ihre Rente ist entsprechend mickrig. Neu ist ihr versicherter Lohn 28'000 Fr. Dazu erhält sie bei der Pensionierung 150 Fr. pro Monat als Rentenzuschlag. Dieser wird durch einen Solidaritätsbeitrag finanziert, der vor allem die hohen Einkommen bis 860'000 Fr. trifft. Damit erhält sie trotz Senkung des Umwandlungssatzes am Ende eine um gut 200 Fr. höhere Rente.

Erreicht wird dies unter anderem durch die Einführung dieses «solidarisch finanzierten Rentenzuschlags». Konkret: 1.5 Milliarden jährlich sollen von den hohen zu den tiefen Einkommen umverteilt werden. Ein Sieg der Gewerkschaften. Aber immer noch besser als der heutige unerwünschte Effekt, der Umverteilung von den aktiven Erwerbstätigen zu den Rentnern, sagt die Arbeitgeberseite. Ein gutschweizerischer Kompromiss. Diese Kröte müsse man schlucken.

Ideologischer Widerstand von Gewerbe und SVP

Doch nun kommt das Aber: Nicht alle an den Verhandlungen Beteiligten wollen den Kompromiss mittragen. Der Gewerbeverband lehnt die Umverteilungsidee kategorisch ab. Er möchte die Renten mit zusätzlichen Lohnprozenten sichern. Das sei günstiger und für das Gewerbe eher verkraftbar. Ins gleiche Horn stösst die SVP. Die FDP äussert sich vorsichtig positiv. Sie will den Vorschlag der Sozialpartner ernsthaft prüfen. Der Gedanke der Umverteilung in der 2. Säule dürfte allerdings auch vielen Freisinnigen ideologisch gegen den Strich gehen.

Damit ist höchst fraglich, ob der Kompromiss im Parlament und später beim Volk eine Mehrheit findet. Die Kritiker wären jedoch gut beraten, es jetzt Patron Valentin Vogt und Büezerboss Pierre-Yves Maillard gleichzutun und ideologische Barrieren zu überspringen.

Die Pensionskassenreform ist inzwischen eines der drängendsten Probleme der Schweiz. Zum ersten Mal liegt nun ein gemeinsamer Vorschlag der Sozialpartner auf dem Tisch. Er verdient es, von allen ernsthaft geprüft und nicht gleich am Tag eins in hohem Bogen verworfen zu werden.

Erwin Schmid

Bundeshausredaktor, SRF

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Erwin Schmid ist Bundeshausredaktor von SRF. Er berichtet seit 2001 für das Unternehmen. Er war Korrespondent in Wien und in Barcelona. Zudem berichtete er als Sonderkorrespondent aus Krisen- und Konfliktregionen. Schmid studierte in Zürich und Wien Umweltnaturwissenschaften und Internationale Beziehungen.

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