Es ist eine drastische Drohkulisse, mit der Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg die Ungeimpften doch noch ins Boot holen will. «Ich werde als Bundeskanzler alles tun, damit das Gesundheitssystem in diesem Land nicht überlastet wird. Weil wir zu viele Zauderer und Zögerer haben, die sich immer noch nicht durchringen konnten, zur Impfung zu gehen.»
Auf dem Weg zur Zweiklassengesellschaft
Konkret sieht das dann so aus: Wenn mehr als ein Viertel (500 Betten) der Intensivabteilungen der österreichischen Spitäler mit Covid-Kranken belegt sind, dann werden Ungeimpfte nicht mehr in Gast- und Kulturstätten eingelassen. Würden sogar mehr als 30 Prozent (600 Betten) der Intensiv-Abteilungen von Covid-Kranken belegt, würden die Ungeimpften noch stärker zu Bürgern zweiter Klasse. Sie dürften dann ihre Wohnungen nur noch aus triftigem Grund verlassen. Etwa um zur Arbeit zu gehen, um Güter des täglichen Bedarfs einzukaufen, oder um enge Verwandte und Bekannte zu besuchen.
Viele in Österreich dürften hinter diesen Massnahmen stehen, denn niemand will mehr einen Shutdown. Aber viele haben ein schales Gefühl. Dafür gibt es im Wesentlichen drei Gründe.
Erstens: Diese Massnahmen würden eine echte Zweiklassengesellschaft schaffen. Hier die privilegierten Geimpften, dort die Ungeimpften, die dann keinen Zutritt mehr hätten zu Gaststätten, Theatern oder Kinos.
Zweitens: Wie sollen solch drastische Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durchgesetzt werden? Es bräuchte dazu eine enorme Polizeiarbeit mit Tausenden von Kontrollen im ganzen Land. Doch die Polizei beklagt jetzt schon ihre hohe Arbeitslast. Dazu sind ein guter Teil der Ungeimpften sogenannte Querdenker, von denen mehr als durchschnittlicher Widerstand zu erwarten wäre.
Grosse Kanonen für einige Spatzen
Drittens: In Österreich sind derzeit rund 62 Prozent geimpft. Etwa 17 Prozent geben an, absolute Impfgegnerinnen und Impfgegner zu sein. Aber nur magere acht Prozent sagen, sie würden sich unter Umständen noch überreden lassen zur Impfung. Das heisst, hier werden sehr grosse Kanonen aufgefahren, um auf eine sehr kleine Schar Spatzen zu schiessen. Dieses Vorgehen ist kaum als verhältnismässig zu bezeichnen.
Kurz: Diese Massnahmen klingen nach harter Hand. Ob sie klug sind, ist die eine Frage. Ob sie durchsetzbar sind, ist die andere. So hoffen wohl viele in Österreich inständig, dass die Zahlen nie erreicht werden, welche die neuen Massnahmen auslösen würden.