Einige Sportbetriebe reagierten in Basel-Stadt blitzschnell auf den angekündigten Teil-Shutdown und verlegten ihr Angebot kurzfristig ins Baselbiet. Das erlebte auch SP-Grossrat Jean-Luc Perret aus Basel-Stadt letzten Freitag. Nach dem Training reichte ihm der Fitnesstrainer den Stundenplan für das Fitnesszentrum im baselbietischen Frenkendorf. Der Grund für den Ortswechsel: Wegen anhaltend steigenden Corona-Zahlen müssen in Basel-Stadt ab Montag sämtliche Sportbetriebe sowie Bars und Restaurants zu bleiben.
Eigentlich wäre es eine bequeme Alternative, fürs Training auszuweichen nach Frenkendorf, das von Basel nur knapp zehn Zugminuten entfernt ist. Für die Eindämmung des Coronavirus sei dies aber kontraproduktiv, findet Perret. «Am Schluss trainieren in Frenkendorf doppelt so viele Leute wie vorher und stecken sich schlimmsten Fall gegenseitig an.»
Trotzdem überlegen sich seit diesem Wochenende viele Sportvereine in Basel, ob sie ihr Training nicht einige Kilometer weiter ins Baselbiet verlegen wollen. Beim Schwimmverein beider Basel etwa wird schon seit Längerem in Basel-Stadt geschwommen und in einem Fitnesszentrum im Baselbiet das Krafttraining durchgeführt. «In der jetzigen Situation ist das für uns ein Glück», sagt Sportchef Beat Hugenschmidt.
Kritische Stimmen aus der Politik werden laut
Teil-Shutdown in Basel-Stadt, offene Restaurants und Sportbetriebe in Basel-Landschaft – der Basler Nationalrat Christoph Eymann (LDP) ärgert sich: «Das darf nicht sein, dass der Zustand in den beiden Basel so auseinanderklafft.» Schliesslich könne man niemandem glaubhaft erklären, weshalb an einer Strasse die eine Beiz zu und jene auf der gegenüberliegenden Seite offen hat. «Wir sind ein gemeinsamer Wirtschaftsraum, und da muss man auch gemeinsame Lösungen finden», sagt Eymann.
Warum die beiden Basel bei den Bekämpfungsmassnahmen getrennte Wege gehen, dafür gibt es mehrere Gründe, wie Recherchen des Regionaljournals Basel zeigen:
- Personell: Während der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (CVP) bekannt dafür ist, die Schrauben lieber etwas zu fest statt zu wenig anzuziehen, könnte man vom Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber (SVP) fast schon das Gegenteil behaupten. Dazu kommt, dass Engelberger, der zurzeit auch Direktor der Eidgenössischen Gesundheitsdirektorinnen- und Direktoren Konferenz ist, besonders unter Beobachtung steht und in dieser Situation mit gutem Beispiel vorangehen will.
- Finanziell: In Basel-Stadt will und kann man sich einen Teil-Shutdown und die entsprechenden Unterstützungsgelder für die gebeutelten Betriebe leisten. Im finanziell schlechter gestellten Baselbiet scheut man solch horrende Ausgaben.
Dabei ist die grosse Differenz bei der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus umso unverständlicher, als die Lage in den beiden Basel gar nicht so unterschiedlich ist. Der R-Wert etwa dümpelt in den letzten Wochen in beiden Kantonen bei etwas über eins. Zudem fällt in Basel-Stadt wie in Baselland ein ähnlich grosser Anteil der durchgeführten Corona-Tests positiv aus, nämlich etwas weniger als 20 Prozent.
Ein Blick auf die Fallzahlen in den verschiedenen Bezirken in Baselland zeigt ausserdem, dass zwischen den Kantonen gar kein tiefer Corona-Graben besteht. Die Unterschiede fallen deutlich grösser aus zwischen dem ländlichen Oberbaselbiet und dem urbaneren Unterbaselbiet.
Hinzu kommt, dass bei der Behandlung von Corona-Patienten die beiden Basel so eng zusammenarbeiten wie keine zwei anderen Kantone in der Schweiz. So werden beispielsweise aktuell zwei Personen aus der Stadt auf einer Intensivstation im Baselbiet behandelt und vier aus dem Baselbiet in Basel.
Für die SP-Grossrätin Sarah Wyss, die Präsidentin der Gesundheitskommission ist, zeigt die Pandemie exemplarisch, dass der Föderalismus gerade im Gesundheitswesen an seine Grenzen stösst. «Wir brauchen Gesundheitsregionen, wo man am selben Strick zieht», so Wyss. Eine Erkenntnis, der sich auch der bürgerliche Nationalrat Christoph Eymann anschliesst.