Sollen Junge die Pensionskasse von Alten mitfinanzieren? Oder soll die Chefärztin mit ihrem hohen Lohn etwas an die Pensionskasse des Verkäufers zahlen, der wenig verdient? Um Fragen wie diese wird bei der Reform der Zweiten Säule hart gerungen, seit der sogenannte Sozialpartner-Kompromiss vorliegt.
Das ist das Reform-Modell, das der Arbeitgeberverband und die Gewerkschaften ausgearbeitet hatten. Der Bundesrat übernahm es denn auch gleich unverändert. Kernstück ist ein neuer Rentenzuschlag von 200 Franken pro Monat für alle Neurentner und Neurentnerinnen, die zuerst von der Reform betroffen sind, für spätere Rentner gibt es dann etwas weniger.
Dieser Zuschlag soll den Verlust kompensieren, der entsteht, weil der sogenannte Umwandlungssatz bei den Renten sinken soll – von 6.8 auf 6 Prozent. Finanziert werden soll das Ganze mit einem neuen Lohnabzug von einem halben Prozent für alle.
Zwischenerfolg für bürgerlichen Widerstand
Der Vorschlag der Sozialpartner sorgte vor allem bei den Bürgerlichen seit langem für Ärger: Das Modell breche mit dem Prinzip der Zweiten Säule, wo jeder für sich selber spare. Stattdessen würde nun auch in der Zweiten Säule Geld umverteilt wie in der AHV – weil aus einem Lohnabzug eines Berufstätigen Rentengeld für eine Pensionärin werde.
Diesem Argument folgt nun die Mehrheit der zuständigen Kommission des Nationalrats. Sie will daher nichts mehr vom Sozialpartner-Vorschlag wissen. Stattdessen präsentiert sie eine eigene Reform, die Nationalrat Thomas de Courten (SVP/BL) eingebracht hat. Störend am Modell der Sozialpartner seien die pauschalen Rentenzuschläge für alle: «Ein solches Giesskannenprinzip möchten wir nicht. Wir wollen die Zuschläge dort ausrichten, wo es tatsächlich eine Renteneinbusse gibt.»
Wir wollen die Zuschläge dort ausrichten, wo es tatsächlich eine Renteneinbusse gibt.
Damit bliebe es zwar beim Rentenzuschlag von 200 Franken pro Monat für Neurentnerinnen und Neurentner. Aber nicht für alle: Den Zuschlag würde nur noch eine kleine Minderheit erhalten.
Gewerkschaftsbund winkt ab
Die Gewerkschaften sind entsetzt über diesen Vorschlag. Gabriela Medici vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) betont, dass mit diesem Modell gerade Menschen mit tiefen Einkommen vom Rentenzuschlag ausgeschlossen würden: «Das ist eine Rentenreform gegen Arbeitnehmende, vor allem gegen jene mit tiefen Löhnen und mit Teilzeitanstellungen. Auch für die Frauen gibt es keine Antworten.»
Das ist eine Rentenreform gegen Arbeitnehmende, vor allem gegen jene mit tiefen Löhnen und mit Teilzeitanstellungen. Auch für die Frauen gibt es keine Antworten.
Mit oder ohne neue Lohnabzüge?
Die meisten hätten damit eine tiefere Pensionskassen-Rente und müssten erst noch mehr zahlen, sagt Medici. Weil sie nämlich den Rentenzuschlag für jene mitfinanzieren müssten, die diesen zugute hätten – über Lohnabzüge.
Letzterem widerspricht De Courten: Sein Modell komme grundsätzlich ohne neue Lohnabzüge aus. Denn die Pensionskassen sollen die Zuschläge aus ihren Reserven finanzieren, falls diese dafür reichen.
Nach der Herbstsession will die Kommission definitiv über ihr Modell entscheiden. Die Sozialpartner hingegen bleiben standhaft bei ihrem Vorschlag: Sie hielten an ihrem Modell mit dem Rentenzuschlag für alle fest, betonen heute sowohl der Arbeitgeberverband als auch der Gewerkschaftsbund.