Es liegen nasse Blätter auf der Strasse, man rutscht aus und beim Aufprall bricht man sich ein Bein. Das ist Alltag im Herbst, auch Alltag für Sanitäterinnen und Sanitäter, die Verletzte vor Ort versorgen und dann in ein Spital fahren. Für die Profis in den Ambulanzfahrzeugen wird dieser Alltag jedoch immer stressiger. Denn sie müssen immer öfter ausrücken.
Zehn, elf Einsätze pro Team: Das ist einfach eine extreme Belastung
Bei der Basler Sanität rücke jedes Zweierteam in Spitzenzeiten täglich für bis zu einem Dutzend Einsätze aus, sagt Rettungssanitäter Roman Huder. Eine Schicht dauert zwölf Stunden. Früher seien es vier bis sechs Einsätze pro Schicht gewesen. Nach jeder Fahrt werden die Fahrzeuge desinfiziert und das Verbrauchsmaterial aufgefüllt. So reiche es manchmal nicht einmal für einen Kaffee zwischendurch.
Warum die Ambulanzen heute so viel häufiger ausrücken müssen, darüber kann Rettungssanitäterin Carmen Nick nur rätseln: Herzinfarkte Schlaganfälle, Verletzungen, Unfälle, das sei «was wir immer gehabt haben, aber es ist einfach viel mehr geworden» – die Gründe kenne sie nicht. Ihr Kollege Roman Huder ergänzt, nach Corona habe es nochmals extrem angezogen. Und die Hemmschwelle sei heute sehr tief, die Ambulanz zu rufen - auch bei Bagatellen.
Ohne Teamwork kein Feierabend
Die Angestellten der Basler Sanität sind mit Herzblut bei ihrer Arbeit. Die meisten bereiten schon eine halbe Stunde vor Schichtbeginn ihr Fahrzeug vor, damit sie bei Bedarf sofort losfahren können. Damit stellen sie auch sicher, dass die Kolleginnen und Kollegen der zu Ende gehenden Schicht wirklich Feierabend machen können.
Wenn ein Alarm eingeht, schiesst dem Zweier-Team, das sofort ausrückt, das Adrenalin in die Adern. Oft wissen die Rettungsleute nicht, was sie genau antreffen werden. Die Crew am Telefon der Sanitäts-Zentrale fragt zwar alle Anrufenden, was passiert sei. Aber die Situation einer verunfallten Person einzuschätzen ist für Laien nicht einfach, zumal sie in einer Ausnahmesituation sind.
Wer das Ambulanzfahrzeug lenkt, muss fit und voll bei der Sache sein, besonders bei Notfällen mit Blaulicht und Martinshorn. Ambulanzen dürfen zwar in einem Einsatz bei rot über die Kreuzung, schneller fahren und auf die Gegenfahrbahn ausweichen. Allerdings rechnen nicht alle anderen Verkehrsteilnehmer damit – neben Konzentration ist daher auch Verkehrs-Intuition lebenswichtig. «Es ist immer ein Stress, mit Blaulicht und Horn durch die Stadt zu fahren, weil man wirklich für alle mitdenken muss», sagt Huder.
Manchmal wird eine Ambulanz auch geblitzt. Das bedeutet danach Büroarbeit, weil Verkehrsregelverstösse mit medizinischen Notfällen legitimiert werden müssen. Je nach Problem zählt jede Minute, beispielsweise bei Hirnverletzungen.
Man hat auch Angst, dass man Fehler macht durch die höhere Belastung. Das macht einem schon Sorgen.
In Basel sind im Ambulanzfahrzeug jeweils zwei ausgebildete Rettungs-Fachkräfte im Einsatz. Diese wechseln sich ab beim Fahren und Betreuen von Patientinnen und Patienten. Teamarbeit ist wichtig; trotz Stress muss man Fehler vermeiden. Und das im Einsatz Erlebte kann auch Profis nahe gehen; Austausch tut deshalb gut.
Roman Huder ist mit zehn Jahren schon so lange bei der Ambulanz wie sonst kaum jemand. Ihn reizt das täglich Neue. Belastung und Druck sind hoch in diesem Job, und manche steigen nach ein paar Jahren wieder aus. In einem ausgetrockneten Arbeitsmarkt Personal zu rekrutieren, ist auch für die Ambulanzen nicht einfach.