Wenn Ehepaare sich scheiden lassen, werden sie letztlich vom Gericht geschieden. Ebenso vor Gericht stehen aber auch Schuldner und Gläubiger, wenn Schulden nicht bezahlt worden sind. Geregelt werden all diese Gerichtsverfahren von der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO). Diese soll nun in einigen Punkten revidiert werden.
Der Ständerat diskutiert erstmals über entsprechende Änderungen. Das mag trocken klingen – kann aber viele Einwohnerinnen und Einwohner direkt betreffen. Mit der ZPO kann Bekanntschaft machen, wer gegen den Vermieter vor Gericht zieht, mit der Nachbarin Krach hat oder sich mit dem Ex-Mann um die Kinder streitet. Das betrifft potenziell viele.
Doch kein Englisch an Zivilgerichten
Nur könnten viele wegen der hohen Kosten ihr Recht nicht vor Gericht durchsetzen, sagt Justizministerin Karin Keller-Sutter (FDP/SG): «Einen Zivilprozess kann sich heute nur leisten, wer entweder nichts hat und daher in den Genuss der unentgeltlichen Rechtspflege kommt, oder aber wer sehr viel und damit auch das nötige Geld für einen Prozess hat. Diese Situation ist unbefriedigend und wir sind aufgefordert, hier etwas zu verbessern.»
Der Bundesrat möchte daher die Vorschusszahlungen auf die Hälfte begrenzen. Dem schloss sich der Ständerat diskussionslos an.
Für eine längere Debatte sorgte hingegen eine Fremdsprache: Der Bundesrat möchte Englisch an Zivilgerichten zulassen – sofern die Kantone und vor Gericht alle Parteien damit einverstanden sind. So sollen einzelne Kantone internationale Handelsgerichte aufbauen können, was ein wirtschaftlicher Standortfaktor sein kann. Doch der Vorschlag löst starke Gegenwehr aus – etwa bei Ständerat Thomas Hefti (FDP/GL), der eindringlich vor den Folgen warnte.
Damit öffne man eine Schleuse mit unabsehbaren Folgen: So werde Englisch bald auch am Strafgericht oder anderswo zur Normalität. Der Ständerat folgt Heftis Warnung und kippt den Englisch-Passus aus der Vorlage.
Angeregte Debatte zur Medienfreiheit
Viel zu reden gab auch ein Artikel, der nach Ansicht der Schweizer Medienhäuser die Medienfreiheit gefährde. So sollen Menschen oder Firmen, die ungewollt in die Schlagzeilen geraten, Artikel vom Gericht leichter stoppen können. Heute kann ein Gericht einen Medienbericht mittels superprovisorischer Verfügung verhindern, wenn jemand angibt, er oder sie könne dadurch einen besonders schweren Nachteil erleiden.
Der Ständerat will im Passus das Wort «besonders» streichen. FDP-Ständerat Hefti argumentierte: «Ein schwerer Nachteil ist kein Pappenstiel.» Carlo Sommaruga (SP/GE) erwiderte, so störe man das Gleichgewicht zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz. Da das Internet nichts vergesse, liessen sich Fehlinformationen nie mehr beseitigen, ergänzte Daniel Jositsch (SP/ZH).
Die kleine Kammer blieb jedoch dabei: Unliebsame Medienberichte sollen leichter verhindert werden können. Die Debatte, für die ursprünglich anderthalb Stunden veranschlagt worden waren, lief rund vier Stunden. Schliesslich hiess der Ständerat die revidierte Zivilprozessordnung einstimmig gut. Die Vorlage geht an den Nationalrat.