Eigentlich bestimmt am Bundesverwaltungsgericht ein Computer, welche Richter welchen Fall bearbeiten. Der sogenannte Bandlimat soll Fairness garantieren.
Doch bei 45 Prozent der Fälle ändern Mitarbeitende die Zusammensetzung der Richterbank nachträglich von Hand. Oft aus legitimen Gründen wie Sprache oder Ferienabwesenheiten. Das zeigte Ende 2021 eine Untersuchung von knapp 50'000 Gerichtsentscheiden durch die Universitäten Zürich und Bern.
Einseitige Gremien
Immer drei Richterinnen oder Richter bilden einen sogenannten Spruchkörper. Rechtsanwalt Gabriel Püntener beobachtet dabei schon länger Unregelmässigkeiten. 2019 wurden ihm in 33% seiner Fälle Spruchkörper zugeteilt, bei denen zwei oder sogar alle drei Richter der SVP angehörten.
Das Bundesverwaltungsgericht stellt sich auf den Standpunkt, dass das Parteibuch bei den Richtern gar keine Rolle spiele. Gerichtspräsident Vito Valenti betont: «Unser Ziel ist, dass der Entscheid gerecht ist, nicht dass die Besetzung der Richterbank politisch-proportionell stimmt. Wir sind unabhängig - auch von den Parteien.»
Politik befürchtet polarisierte Justiz
Andrea Caroni, Ständerat und Mitglied der Gerichtskommission teilt diese Auffassung nicht. Die Kommission habe alle eidgenössischen Gerichte mit einem Brief dazu aufgefordert, ihre Praxis zu überdenken. «Wenn die Gerichte hingehen und einen SVP Spruchkörper machen, einen grünen Spruchkörper und einen freisinnigen – dann haben wir das Gegenteil von einer bunten Zusammensetzung. Dann haben wir eine politisierte, polarisierte Justiz.» Das Parlament wähle die Richterinnen und Richter bewusst nach Parteistärke, damit alle Ansichten in die Urteile einfliessen.
Sonderregel für einen Anwalt
Recherchen der «Rundschau» zeigen nun, dass die Spruchkörper am Bundesverwaltungsgericht bei Gabriel Püntener eigens seinetwegen geändert wurden. Bei mindestens drei Fällen wurde der Spruchkörper von Hand geändert - dazu eingetragen das Stichwort: «Püntener».
Der Verwaltungsrechtspezialist der Uni Basel, Markus Schefer, dazu: «Regelungen, die nur auf eine Person, einen Anwalt bezogen sind, das ist vor Gericht sicher nicht zulässig.»
Das Gericht rechtfertigt sich schriftlich: «Da die Eingaben von Rechtsanwalt Gabriel Püntener regelmässig sehr umfangreich waren, galt es, diese Beschwerdeverfahren auf verschiedene Instruktionsrichterinnen und -richter zu verteilen.»
Recherchen der «Rundschau» zeigen weiter: Gegenüber der Aufsicht hat das Bundesverwaltungsgericht diese Sonderregel für Gabriel Püntener verschwiegen. Rechtsanwalt Püntener fährt nun grobes Geschütz auf: «Die Bundesanwaltschaft muss den Bandlimat beschlagnahmen und das ganze endlich untersuchen.» Er hat Strafanzeige eingereicht.