So geht es gar nicht, sagten viele Politikerinnen und Politiker vom rechten Rand der SP diese Woche. Was die Parteileitung hier vorlege sei realitätsfern, zu radikal. Pascale Bruderer, Rudolf Strahm und eine ganze Reihe von SP-Politikerinnen und Politikern aus den städtischen Regierungen – sie alle äusserten sich öffentlich gegen das Papier mit dem Namen «Wirtschaftsdemokratie».
Der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch sagt: «Dieses Papier spricht vor allem die linke, die sehr linke Wählerschaft an. Aber es gibt eine Mitte-links-Wählerschaft und einen Mitte-links-Flügel in der SP und der wird durch dieses Klassenkämpferische weniger angesprochen.»
Deshalb müsse dieses Papier in der Tonalität nun sanfter und inhaltlich breiter werden, so Jositsch. Denn ohne Wählerinnen und Wähler aus der Mitte wäre sein Mandat als Zürcher Ständerat zum Beispiel gar nie zu gewinnen gewesen.
Werden sich Jositsch und seine Kolleginnen und Kollegen vom rechten Rand der SP durchsetzen? «Wenn man die Parteitagslogik anschaut und die politische Ausrichtung der Delegierten, dann muss man sagen: Die sind wahrscheinlicher linker als die Wählerschaft. Das ist eine Realität.»
Realistische Ziele
Auch Hans Stöckli, der Berner SP-Ständerat beklagt, dass die Jungsozialisten mit ihrem radikaleren Gedankengut in den letzten Jahren starken Einfluss auf die Parteileitung gehabt hätten. «Wobei ihr Einfluss dann nicht derselbe ist in der konkreten politischen Arbeit, zum Beispiel in der Bundesversammlung.»
Stöckli fordert, dass sich seine Partei, realistische Ziele setzen soll – die Überwindung des Kapitalismus und die Rede vom Klassenkampf gehörten nicht dazu.
Mehr Mitspracherechte für Mitarbeiter
Christian Levrat will sich derweil nicht mehr zu diesem Disput äussern und schickt Vize-Präsidentin Barbara Gysi vor. Sie hat die Arbeitsgruppe zum Thema geleitet und sie beschwichtigt: «Das Wort Klassenkampf kommt im Papier nicht vor. Das ist jetzt auch eine Mediengeschichte geworden.»
Vielmehr gehe es darum, mit zahlreichen Ansätzen, die Wirtschaft demokratischer und humaner zu machen. Ein zentraler Punkt ist etwa, dass die Mitarbeiter in einem Unternehmen mehr Mitspracherechte bekommen sollen – so wie das in Deutschland schon heute der Fall ist. «Es besteht ein grosser Frust in der Arbeitswelt und diese Leute können wir mit diesem Papier abholen.»
Auch der ehemalige Juso-Präsident und heutige Nationalrat Cédric Wermuth steht ganz hinter diesem Vorhaben. Man könne diese Diskussion jetzt nicht auf den Begriff Klassenkampf reduzieren. Levrat sage, dass man auf die Abstiegsängste der Menschen, auf die Angriffe auf das Sozialwesen, antworten müsse.
Deshalb sei es eben richtig, die Angestellten besser an den Gewinnen ihrer Firmen zu beteiligen, die Bodenspekulation zu beenden und Genossenschaften zu fördern. «Der Vorschlag der ‹Wirtschaftsdemokratie› ist zu sagen: Es kann nicht mehr sein, dass irgendwelche Aktionäre einen Einfluss haben auf das, was mit meinen Leben passiert, ohne dass ich mitreden kann. Es ist die Übertragung des Konzeptes der politischen Demokratie auf die Wirtschaft und ich sehe nicht ganz, was da revolutionär daran sein soll.»
Eines hat die SP geschafft: Sie hat ihre Themen wieder auf die Agenda gesetzt, aber ob auch nur eine ihrer zahlreichen Forderungen zur Wirtschaftsdemokratie im Bundeshaus eine Mehrheit finden wird, bleibt fraglich.