Eine britische Studie kommt zum Schluss, dass Elektroautos oder Hybride für Fussgängerinnen und Fussgänger doppelt so gefährlich seien wie Autos mit Verbrennungsmotoren. Als Gründe nennt sie unter anderem die schnelle Beschleunigung oder die geringere Hörbarkeit der Elektroautos.
Zwei Schweizer Experten widersprechen der Aussage. So kann Christoph Leibundgut das Ergebnis der Studie in der Schweiz nicht bestätigen. Er ist Mediensprecher bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung der BFU.
«Die BFU hat keine Hinweise darauf, dass es in der Schweiz signifikante Unterschiede zwischen den Motorisierungen gibt, was die Unfälle angeht.» Er sieht vor allem den untersuchten Zeitraum von 2013 bis 2017 kritisch. Denn die Elektrofahrzeuge haben sich seitdem deutlich weiterentwickelt.
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Auch Willi Wismer, Präsident der Stiftung Roadcross Schweiz, findet die Aussage, Elektroautos seien gefährlicher, nicht ganz zutreffend. «Im Grundsatz sehe ich das Problem nicht unbedingt in den E-Autos.» Den Faktor der Beschleunigung versteht er allerdings. Denn Elektroautos beschleunigen oft sehr schnell und sind aus diesem Grund besonders für junge Lenkerinnen und Lenker gefährlicher.
Neben der Beschleunigung von E-Autos erwähnt die Studie auch das Geräusch der Fahrzeuge – oder eben das Ausbleiben dessen. Doch: Im untersuchten Zeitraum von 2013 bis 2017 gab es noch keine entsprechenden Vorschriften. Elektroautos waren oft sehr schlecht zu hören, vorwiegend wenn sie langsam fuhren.
Das hat sich allerdings verändert. Elektrofahrzeuge erzeugen heute ein künstliches Geräusch, erklärt Christoph Leibundgut von der BFU: «Seit Juli 2021 haben wir die Vorschrift, dass ein Fahrzeug ein Geräusch von sich geben muss.»
«Fahrassistenzsysteme erhöhen die Sicherheit»
Ein Aspekt, den die Studie nicht erwähne, sei der technische Fortschritt. Christoph Leibundgut meint, das Risiko für Unfälle liege weniger an der Antriebsart, sondern an den technischen Systemen, die in einem Fahrzeug verbaut wurden.
So müssen alle neuen Autos seit 2022 mit Fahrassistenzsystemen ausgestattet werden, zum Beispiel mit einem Notbremsassistenten. Diese Systeme erhöhen die Sicherheit aller aufgerüsteten Autos, unabhängig von der Motorisierung.
Es hat laut Leibundgut einen klaren Grund, dass diese Technik für die Sicherheit deutlich wichtiger ist als die Antriebsart: «Wenn alle Fahrzeuge mit Fahrassistenzsystemen ausgestattet wären und diese richtig angewendet würden, könnte man 50 Prozent aller schweren Verkehrsunfälle verhindern.»
Wichtig: Fahrverhalten und Aufmerksamkeit
Neben der Technik, unabhängig vom Antrieb, spielen die Menschen in und um die Fahrzeuge eine signifikante Rolle. Überhöhte Geschwindigkeit, fehlende Aufmerksamkeit oder Alkohol am Steuer seien nach wie vor die grösseren Unfallrisiken.
Willi Wismer vertraut jedenfalls auf den technischen Fortschritt, der menschliches Versagen vielleicht bald verringert. «Ich habe vollstes Vertrauen, dass die Technologie bald so weit sein wird, dass jeder sich darauf verlassen kann.» Technischer Fortschritt ist es also, der die Strassen sicherer macht, und menschliche Fehler, die sie unsicher machen – unabhängig vom Motorentyp.