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Vor dem Bezirksgericht standen Mitglieder eines Motorradclubs.
Aus Regionaljournal Aargau Solothurn vom 27.08.2024. Bild: KEYSTONE/Ti-Press/Carlo Reguzzi
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Rockerprozess Unterstützer der Hells Angels stehen im Aargau vor Gericht

  • Fünf Männer sollen einen Mann brutal zusammengeschlagen haben. Nun stehen sie vor dem Bezirksgericht Zofingen.
  • Alle Angeklagten gehören dem «Commando 81» an – einer Unterstützergruppe der Motorradgruppe Hells Angels.
  • Die Staatsanwaltschaft fordert teils bis zu acht Jahre Gefängnis und Landesverweise.

Sie wollten dem späteren Opfer einen «Abrieb verpassen» – so steht es zumindest in der Anklageschrift. Weil: Die fünf Männer verdächtigten das Opfer, in ein Kellerabteil eingebrochen zu sein, und zwar in das Abteil, das der Freundin des Hauptangeklagten gehört. Daraufhin beschlossen die Beschuldigten, das Opfer unter einem Vorwand in ihr Clublokal zu locken.

Es ist das Clublokal des Motorradclubs «Commando 81» in Oftringen. Der Club gilt als Unterstützer-Club der Hells Angels. Die Zahl 81 ist dabei ein Code, der sich auf den 8. und 1. Buchstaben des Alphabets bezieht (H und A – Hells Angels).

OMCGs – Outlaw Motorcycle Gangs in der Schweiz

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Das Bundesamt für Polizei versteht unter OMCGs Gruppen, die in kriminelle Aktivitäten verwickelt sind. Zu den bekanntesten gehören die Motorradclubs Hells Angels, die Bandidos und die Outlaws.

Mitglieder dieser Motorradclubs (MCs) kommen immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Häufig sind es Gewaltdelikte, Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Waffengesetz.

Noch gibt es aber in der Schweiz kein Gerichtsurteil, das einzelne MCs oder Teile davon als kriminelle Organisationen einstuft und verbietet.

Anders ist das zum Beispiel in Deutschland oder den Niederlanden, wo verschiedene Gruppierungen oder einzelne Ableger als kriminelle Organisationen gelten und teils auch verboten wurden.

Was sich danach abspielte, liest sich wie eine Szene aus einem Film: Kaum betritt das Opfer das Lokal, wird es mit Schlägen traktiert. In der Anklageschrift ist die Rede von über 30 Faustschläge und Fusstritten in Rippen, Bauch, Gesicht und Beine. Die Angeklagten hätten laut Anklageschrift den Mann gepackt und ihm die Arme nach oben gehalten, um ihn aufs Übelste zu verprügeln.

Selbst als das Opfer in die Embryostellung zusammensackte, sollen sie weiter auf den Mann eingeschlagen haben.

Angeklagte schweigen zu Vorwürfen

Einer der fünf Angeklagten ist nicht vor Gericht erschienen. Sein Anwalt wisse auch nicht, wo sein Mandant ist. Sein Fall wird von der Verhandlung ausgekoppelt.

Der Hauptbeschuldigte wurde zuerst befragt. Für ihn fordert die Staatsanwaltschaft acht Jahre Gefängnis und 15 Jahre Landesverweis. Zusätzlich soll er im Rahmen einer stationären Massnahme verwahrt werden, weil ihm die Gutachterin eine schwere Persönlichkeitsstörung attestiert. Über das hohe Strafmass zeigt sich der Angeklagte schockiert.

Commando 81 – die Helfer der Hells Angels

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Im Gegensatz zu den Hells Angels ist die Motorradgruppe Commando 81 weniger bekannt. Sie gilt als Support-Gruppe der Hells Angels.

Laut dem Bundesamt für Polizei ist das Commando 81 eine im Kanton Solothurn angesiedelte Gruppierung, die direkt unter der Führung der Hells Angels steht. Erfahrungsgemäss übernehmen die Mitglieder des Commando 81 Aufgaben für den Motorradclub und sind ihm gegenüber auch Rechenschaft schuldig.

Aus solchen Supportgruppierungen rekrutieren die Hells Angels häufig den Nachwuchs für ihren eigenen Motorradclub.

Der 38-Jährige ist kein unbeschriebenes Blatt: Bereits fünf Mal wurde er wegen Gewaltdelikten verurteilt. Er sei jung und dumm gewesen, sagt er vor Gericht. Auch die aktuelle Tat bereue er. Mit dem Motorradclub Commando 81 habe er inzwischen abgeschlossen.

Die anderen drei Beschuldigten weisen die Schuld von sich. Sie hätten nicht gewusst, dass das Opfer verprügelt werden sollte. Zwei sagen aus, nur ein paar Ohrfeigen ausgeteilt zu haben. Der Prozess ist auf drei Tage angesetzt.

Rockerbanden auf dem Vormarsch

Laut dem Bundesamt für Polizei Fedpol versuchen seit einigen Jahren immer wieder Rocker- oder rockerähnliche Gruppierungen in der Schweiz Ableger zu bilden. In den meisten Fällen gelingt das aber nicht. Teilweise, weil bereits bestehende Gruppierungen wie die Hells Angels Druck auf die rivalisierenden Clubs ausüben.

Das Konfliktpotential unter den bestehenden Gruppierungen schätzt das Fedpol als ernstzunehmend ein. Es komme immer wieder zu Spannungen und Übergriffen bis hin zu schweren Gewaltdelikten. Die grösste Gruppierung sind laut Fedpol die Hells Angels mit rund 200 Mitgliedern und zwölf Ablegern.

Die Strasse vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Dutzende Motorradfahrer fahren darauf.
Legende: Laut Fedpol ist die Situation in der Schweiz nicht so intensiv wie in einigen deutschen Bundesländern. Zig Ableger von Motorradclubs stehen inzwischen auf der Verbotsliste. Auch Kutten und Abzeichen dürfen vielerorts nicht mehr getragen werden. Dagegen protestierten die Rocker wie hier in Berlin 2019. Imago/Müller-Stauffenberg

Gemäss Fedpol beanspruchen die Hells Angels für sich eine übergeordnete Rolle in der Schweizer Motorradclubszene. Wer sich über die Regeln dieser Szene hinwegsetzt, muss demnach mit Repressionen seitens der Hells Angels rechnen.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 27.8.2024, 17.30 Uhr ; 

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