Mit Roger Nordmann ist am Donnerstag einer der amtsältesten Nationalräte abgetreten. Schon am Dienstag hatte er sein letztes Votum in der grossen Kammer. Es ging um den Untergang der Credit Suisse, den er als Mitglied der PUK mit aufgearbeitet hatte.
Machen Sie Kompromisse, aber nicht mit der UBS.
Nordmann sagte mahnend: «Ich übergebe Ihnen jetzt das UBS-Dossier und möchte anregen, untereinander Kompromisse zu machen, und nicht Kompromisse mit der UBS. Ich danke Ihnen.»
In den zwei Jahrzehnten im Parlament hat Nordmann Kompromisse geschmiedet. Einer davon war die Energiestrategie 2050, die am 21. Mai 2017 vom Stimmvolk angenommen wurde. «Doris Leuthard hat einen guten Beitrag geleistet, ich war stolz, das Meine geleistet zu haben.» Die grundsätzliche Richtung sei korrekt gewesen. Aber es gäbe noch viel zu tun.
Beim Energiethema steht Nordmann unter Strom. Dass das Neubauverbot für Atomkraftwerke aufgehoben werden soll, verdirbt ihm nicht die Freude. «Es ist völlig unrealistisch, dass AKW gebaut werden. Nur schon, weil sie viel zu teuer sind.» Ausserdem gehe es viel zu lange, sie zu bauen.
Blochers Abwahl
Nordmann erlebte auch ein Politbeben, als am 12. Dezember 2007 Christoph Blocher als Bundesrat nicht wiedergewählt wurde. Nordmann war damals 31-jährig, sass bereits drei Jahre im Parlament.
«Es war kurzfristig eine grosse Befreiung», sagt er 18 Jahre später. Aber wenn man sehe, dass weltweit weitere solche Oligarchen an die Macht kommen, laufe es einem kalt den Rücken hinunter.
Das Problem ist, dass diese Menschen die Grenzen von Demokratie und Rechtsstaat nicht einhalten.
Nordmann ordnet Blocher als Pionier ein, zusammen mit Berlusconi in Italien. Und heute griffen in mehreren Ländern Reiche nach der Macht. «Letztlich ist das Problem, dass diese Menschen die Grenzen von Demokratie und Rechtsstaat nicht einhalten und denken, dass, weil sie reich und talentiert sind, sie der Gesellschaft Befehle erteilen können», sagt der nach wie vor überzeugte Pro-Europäer Nordmann.
Lorbeeren von bürgerlicher Seite
Im Parlament sprach der Waadtländer auch mit SVP-Nationalrat Christian Imark und gleiste mit ihm die tieferen Strompreise für die Stahlwerke Gerlafingen auf. Auch wenn sie sich vor ein paar Jahren in der Arena gestritten hatten, sind sie heute Freunde.
Er habe bei vielen Grossprojekten intensiv mitgearbeitet, sei hochintelligent und wisse genau, was er wolle, sagt Imark über Nordmann. «Auch wenn man sich manchmal gefetzt hat, bleibt das Zwischenmenschliche, Positive.»
Auch Susanne Vincenz-Stauffacher, Energiepolitikerin der FDP, war nicht immer gleicher Meinung mit Nordmann. Er höre aber zu und könne für einen Kompromiss von seiner eigenen Meinung abrücken – nicht für einen faulen, sondern für einen fortschrittlichen.
Weder Ständerat, noch Bundesrat
Trotz vieler Lorbeeren bürgerlicherseits musste Nordmann auch Rückschläge einstecken: Zweimal wollte er in den Ständerat für die Waadtländer SP – zweimal stellte die Partei jemand anderen auf. Und für die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset schafft er es nicht aufs SP-Ticket.
Auf die Frage, ob er enttäuscht ist, antwortet Nordmann: «Ja, aber mässig.»
Nun verlässt Roger Nordmann den Nationalrat. Ob auch mit der Politik Schluss ist, oder ob er sich dereinst für die Waadtländer Regierung oder die Lausanner Stadtregierung bewirbt, lässt er offen: «Ich könnte mir das vorstellen, aber ich verspreche nichts.» Nach über 20 Jahren im Nationalrat wolle er erst einmal durchatmen.