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Rote Köpfe im Tessin Betend an die Gay Pride

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Tessin findet erstmals ein Festival der LGBT-Bewegung (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) statt.
  • Höhepunkt ist die Parade vom Samstag in Lugano.
  • Konservative Christen wollten aus Protest einen Rosenkranz beten.

Das Tessin ist in diesen Tagen der Ort, wo sich die LGBT-Gemeinschaft zum Feiern trifft. In Lugano findet erstmals eine Gay Pride statt, ein Fest für Schwule, Lesben und Zugewandte. Höhepunkt ist die Parade vom Samstag.

Eine kleine Gruppe konservativer Christen stört sich daran. Aus Protest gegen die Pride, so steht es in verschiedenen Tessiner Medien, wollte der Verein «Helvetia Christiana» in Lugano einen Rosenkranz beten. Ein Gebet für die, wie der Verein sagt, «moralische Erneuerung der Schweiz».

Unterstützung vom Stadtpräsidenten

Die Stadt Lugano gab dem Verein dafür jedoch keine Bewilligung. Darum schreibt der Vereinspräsident auf Anfrage von «Schweiz aktuell», dass ihm die Rechte auf Religions-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit verweigert würden. Vor die Kamera stehen wollte er nicht.

Der Luganeser Stadtpräsident Marco Borradori (Lega) sagt zu diesen Vorwürfen: «Der Verein wollte einen ganzen Platz, mitten im Stadtzentrum, und das nur für wenige Leute. Das ist nicht sehr verhältnismässig.» Ausserdem habe die Stadt den Verein um eine klarer formulierte Anfrage gebeten. «Diese traf aber nie bei uns ein», sagt Borradori. Der rechts-bürgerliche Politiker unterstützt die Gay Pride in seiner Stadt ausdrücklich.

Die katholische Kirche macht nicht mit

Unterstützung kommt auch aus zwei kleinen Kirchengemeinden in Lugano. Die christ-katholische und die reformierte Gemeinde organisieren am Freitag ein Gebet für die Pride. Die christ-katholische Priesterin Elisabetta Tisi sagt: «Vor der Diversität darf man sich nicht verschliessen, man muss sich damit auseinandersetzen.»

Der reformierte Pfarrer von Lugano, Daniele Campoli, pflichtet ihr bei: «Ich denke, es ist wichtig, ein Gebet gegen Gewalt anzubieten, gegen das Unverständnis in den Familien. Die Kirche soll zeigen, dass sie zuhört.»

Bischof nicht explizit dagegen

Keine Unterstützung für die Gay Pride gibt es vom katholischen Bischof von Lugano, Valerio Lazzeri. Die katholische Kirche ist stark im Tessin, drei Viertel der Bevölkerung sind katholisch. Am Gebet für die Pride, das die reformierte und die christ-katholische Kirche organisieren, nehme man nicht teil, heisst es beim Bistum kurz und knapp.

Aber: Der Bischof spricht sich auch nicht gegen die Pride aus. In einem Interview kritisierte er, dass mit einem Rosenkranz-Gebet politische Stimmung gemacht wird.

«Homophobie nicht unterschätzen»

Francesco Nuzzicato, Mitorganisator der Gay Pride Lugano, lässt der religiöse Knatsch kalt. «Beten ist immer gut», sagt er. «Es wundert mich natürlich ein bisschen, dass man gegen etwas betet, aber wir haben die Meinungsfreiheit und die ist wichtig.» Das Tessin sei keine schwulen- oder lesbenfeindliche Region, bei der Organisation der Gay Pride habe er insbesondere die Behörden als sehr entgegenkommen erlebt.

«Allerdings darf Homophobie nicht unterschätzt werden, die Suizidrate deswegen ist hoch», so Nuzzicato. Es sei wichtig, dass Schwule und Lesben aktiv würden und ihre Sichtbarkeit erhöhten. «Man muss selbst aktiv werden, sagen, hier sind wir, und dann mal schauen, wie die Umwelt reagiert.»

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