Die 42-jährige Ukrainerin Uliana Makarenko lebt seit Mitte März mit ihrem Sohn Juri in einer hellen Dachwohnung bei Allschwil. Eigentlich gefalle ihr das Leben in der Schweiz. «Ich habe hier viel mehr Zeit für mich, muss mich nicht ständig nach den Bedürfnissen meiner Familie richten. Und das Wichtigste, hier bin ich in Sicherheit», sagt sie – und trotzdem will sie nun zurück, zurück in ihre alte Heimat.
Dass die Situation in Lwiw aktuell ruhiger ist als in anderen Regionen, ist ein wichtiger Punkt in den Überlegungen von Makarenko. «Natürlich weiss ich, dass ich in der Ukraine jeden Tag Gefahr laufe, zu sterben. Aber ich will zurück zu meiner Familie.» Sie lächelt etwas gequält: Makarenko hat die endgültige Entscheidung noch nicht gefällt.
Beratungsgespräche für Rückreisen haben zugenommen
Den Wunsch, in die Heimat zurückzukehren, teilt Makarenko mit vielen Landsleuten. Laut Bundesamt für Migration informierten sich vermehrt Ukrainerinnen und Ukrainer bei den Behörden bezüglich einer möglichen Rückreise. Die Anzahl derjenigen, die dann tatsächlich zurückkehren, sei jedoch klein. Offiziell bestätigt sind 486 Ausreisen. Insgesamt leben in der Schweiz aktuell rund 60'000 ukrainische Staatsbürger.
Die Gründe für eine Rückreise sind sehr individuell. An erster Stelle stehen eigentlich immer Verwandte und Bekannte.
Die Gründe, warum sich Ukrainerinnen für eine Rückkehr interessieren, seien oft persönlich, sagt Renata Gäumann. Sie leitet die Asylkoordination im Kanton Basel-Stadt. «An erster Stelle stehen eigentlich immer Verwandte und Bekannte. Und häufig auch der Wunsch, nicht mehr ein Flüchtling sein zu wollen.» Rund zwei Dutzend Ukrainerinnen und Ukrainer haben Basel-Stadt in den letzten Wochen verlassen. Im Kanton Bern und im Kanton Zürich zeigt sich ein vergleichbares Bild. Auch dort würden kaum Rückreisen in die Ukraine registriert. Viele Kantone bereiten sich im Gegenteil darauf vor, dass in den nächsten Wochen noch mehr Ukrainerinnen und Ukrainer in die Schweiz flüchten.
Wer sich für eine Rückreise in die Ukraine entscheidet, entscheidet sich auch gegen den Schutzstatut S. Eine Konsequenz, der sich Uliana Makarenko bewusst ist. «Ich bin ja nicht gekommen, um hier ein besseres Leben zu finden. Meines war bereits gut.» Die 42-Jährige hat in Lwiw den Masterstudiengang Journalismus an einer Universität geleitet. Sie vermisst ihren Mann, der zurückgeblieben ist, und will ihre Karriere in der Ukraine nicht aufgeben.
Ich bin ja nicht gekommen, um hier ein besseres Leben zu finden. Meines war bereits gut.
Viele ihrer Freundinnen seien bereits aus diversen europäischen Ländern wieder zurück nach Lwiw gereist, sagt sie. Und auch wenn sie in ihrer Heimatstadt gleich neben einem Militärareal wohnt: Der Gedanke an eine Rückkehr lässt sie nicht los. Viel Zeit, sich dafür oder dagegen zu entscheiden, hat Uliana Makarenko nicht mehr. Die Reise ist bereits geplant. Anfang September will eine Bekannte sie mit dem Auto nach Lwiw bringen.