Das Wichtigste in Kürze
- Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) beurteilt die Rückschaffung von Tamilen nach Sri Lanka in vielen Fällen weiterhin als gefährlich und verweist auf einen UNO-Bericht.
- Laut GfbV ist die Gefährdung vieler Zurückgeschaffter weiterhin stark, auch wenn es vermutlich einige unproblematische Fälle gebe.
- Das Staatssekretariat für Migration beharrt darauf, dass sich die Menschenrechtslage seit 2015 wesentlich verbessert hat und verweist auf den Regierungswechel und Reformen.
- Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verurteilte die Schweiz gestern für eine Ausschaffung 2013 wegen Verletzung des Folterverbots.
Folterungen seien in Sri Lanka weiterhin an der Tagesordnung, sagt Yves Bowie von der Gesellschaft für bedrohte Völker und verweist auf einen entsprechenden Bericht der Vereinten Nationen. Er ist nach eigenen Angaben im Kontakt mit fünf Personen, die in einem Sonderflug von der Schweiz nach Sri Lanka ausgeschafft wurden. Alle seien am Zielflughafen festgehalten und während mehrerer Stunden befragt worden.
Leben in Angst
Die fünf Betroffenen konnten laut Bowie den Flughafen zwar frei verlassen, leben aber seither in grosser Angst, dass ihnen erneut etwas zustossen könnte. Einige berichteten von Drohanrufen an die eigene Adresse und bei den Eltern. Auch übten Unbekannte Druck auf Eltern aus, den Aufenthaltsort von Verwandten bekanntzugeben.
Viele sind weiterhin stark gefährdet, wenn sie nach Sri Lanka zurückgehen.
Es bestehe also tatsächlich eine Bedrohung, betont Bowie und verweist auf anhaltende Entführungen. Es würden teilweise auch Menschen umgebracht, wobei die Hintergründe nicht immer ganz klar seien.
Laut Bowie ist es dringend nötig, dass die Bundesbehörden, wie versprochen, jeden einzelnen Fall vor einer Rückschaffung nochmals beurteilt. Es gebe vermutlich auch Fälle, die nicht gefährdet seien und die durchaus zurückgeschafft werden könnten. Doch viele Menschen seien immer noch stark gefährdet, wenn sie nach Sri Lanka zurückgingen. Falls weiterhin so ausgeschafft werde wie im letzten Halbjahr, werde es wieder Fälle wie 2013 geben, warnt Bowie.
Wenn weiterhin so ausgeschafft wird wie im letzten Halbjahr, werden sich Fälle wie 2013 leider wiederholen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte gestern die Schweiz für eine solche Ausschaffung verurteilt. Der Fall datiert allerdings von 2013, als ein zurückgeschaffter Tamile verhaftet und misshandelt wurde. Nach einem weiteren Fall sistierte die Schweiz von sich aus die Rückschaffungen während mehrerer Jahre.
SEM: «Rückführungen nach Sri Lanka sind möglich»
Seit 2016 werden nun wieder vermehrt tamilische Asylbewerber nach Sri Lanka zurückschickt. Auch für frühere Kämpfer der Tamil Tigers sei es zunehmend weniger gefährlich, je weiter der Bürgerkrieg zurückliege, stellte das SEM fest. SEM-Sprecher Martin Reichlin bekräftigt gegenüber SRF News: «Nach dem Regierungswechsel und den angelaufenen Reformen sind wir der Meinung, dass Rückführungen nach Sri Lanka möglich sind und dass sich die Menschenrechtslage seit 2015 wesentlich verbessert hat.»