Guy Parmelin und Jean-Philippe Gaudin: Zwei Männer mit einer starken Botschaft traten heute im Bundeshaus vor die Medien. Russland habe mit seinen Geheimdienst-Aktivitäten in der Schweiz eine rote Linie überschritten. Das werde nicht toleriert, sagten der Verteidigungsminister und sein neuer Nachrichtendienst-Chef – ein politisches Signal Richtung Moskau.
Gleichzeitig setzte Gaudin aber auch Signale Richtung Inland ab: Der Mann will mehr Personal für seinen Nachrichtendienst. Genüsslich schilderte er, wie wichtig das neue Abhör- und Überwachungsarsenal gewesen sei bei der Jagd nach den russischen Agenten. Allerdings fehle ihm das Personal, klagte der NDB-Chef: Kantonspolizeien und Bundesbehörden würden ihn zu Operationen mit den neuen Überwachungsmethoden drängen. Doch neben den hohen rechtlichen Anforderungen setze ihm der Personalbestand enge Grenzen. Zu enge Grenzen.
Früher tönte es anders
Der NDB habe mit der Einführung der zusätzlichen Befugnisse vor einem Jahr 16 zusätzliche Stellen erhalten, sagte Gaudin: Zusätzliche Juristen und administratives Personal – nicht aber das operative Personal, um das neue Arsenal auch anzuwenden. Die Aussage erstaunt. Denn laut einer früheren Stellungnahme des Bundesrats umfassten die 16 Stellen sehr wohl auch operatives Personal. Und weder in der Parlamentsdebatte noch im Abstimmungskampf vermittelte der Bundesrat den Eindruck, die zusätzlichen Stellen würden nicht ausreichen für den operativen Betrieb.
Ein taktisches Manöver?
Warum ruft der NDB erst jetzt nach zusätzlichem Personal? Jean-Philippe Gaudin erklärte sich heute mit verblüffender Offenheit: Man habe das Thema nicht früher aufgebracht, um das neue Nachrichtendienstgesetz nicht zu gefährden, sagte er sinngemäss im Gespräch mit Journalisten. Gaudin selbst war zur Zeit der Parlamentsdebatte und des Abstimmungskampfes über die neuen Befugnisse noch gar nicht im Amt. Dennoch zeugt seine Aussage nicht gerade von Respekt gegenüber den politischen Institutionen. Wer dem neuen Gesetz und den neuen Überwachungs-Methoden zähneknirschend zugestimmt hat, könnte sich getäuscht vorkommen. Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli zumindest sieht sich heute bereits bestätigt in seinen Warnungen vor einem überbordenden Nachrichtendienst.
Gaudin will mehr
Der forsche NDB-Chef Gaudin seinerseits konnte bereits einen ersten Erfolg verbuchen: Verteidigungsminister Parmelin hat ihm 28 neue Stellen bewilligt für den Kampf gegen Spionage und Cyber-Bedrohungen. Das wurde heute bekannt. Über 300 Leute arbeiten heute bereits beim NDB. Die 28 zusätzlichen Mitarbeitenden allerdings reichen dem Chef nicht: Er brauche noch mehr Personal, sagte er heute. Es gehe um die Sicherheit des Landes. Wenn er nicht mehr Mittel erhalte, so Gaudin, so dürfe ihm später niemand vorwerfen, dass der NDB dieses oder jenes nicht gemacht habe.
Der Chef macht Druck. Und ist zuversichtlich. Er glaube, dass seine Botschaft gut ankommen werde beim Bundesrat, sagt Jean-Philippe Gaudin. Der neue Nachrichtendienst-Chef ist hungrig nach Ressourcen und strotzt vor Selbstvertrauen.