Der Gletschergarten mitten in der Stadt Luzern direkt neben dem Löwendenkmal: Da sind die Gletschertöpfe – die Zeugen der letzten Eiszeit. Jene Eiszeit, die vor 20'000 Jahren auch die Region Luzern unter eine dicke Eisschicht legte. Oder die versteinerten Muscheln und Palmblätter, die zeigen, dass Luzern vor 20 Millionen Jahren an einem subtropischen Meeresstrand lag.
Neu können die Besucherinnen und Besucher diese Reise in längst vergangene Zeiten fernab vom Tageslicht fortsetzen. Durch ein kantiges Betonportal gelangt man tief hinein in den Fels, im Zickzack führt ein Weg leicht abwärts. Es ist dunkel, nass, und es tropft von den Sandsteinwänden. Licht kommt von animierten Bildern, die auf den Fels projiziert werden. Da galoppieren plötzlich Mammute vorbei, Urfische geben ein kurzes Stelldichein. So werden die unterschiedlichen Strukturen des Gesteins sichtbar.
Der unterirdische Rundgang ist die neuste Attraktion des Gletschergartens. Die Inszenierung im Felsinnern ist dezent. Es gibt ganz bewusst keine Erklärtafeln. «Wir haben uns stark inspirieren lassen von Jules Vernes ‹Reise zum Mittelpunkt der Erde›», sagt Andreas Burri, Direktor des Gletschergartens Luzern. «Die Freunde in dieser Geschichte sind lediglich mit einer Taschenlampe ins Erdinnere gegangen und liessen sich beeinflussen von dem, was sie dort angetroffen haben». Die Erdgeschichte sei im Felsen gespeichert, die müsse man erleben.
Wir haben uns stark inspirieren lassen von Jules Vernes ‹Reise zum Mittelpunkt der Erde›.
Zwölf Jahre wurde geplant – drei Jahre dauerten schlussendlich die Bauarbeiten. Der Gletschergarten musste diese unterirdische Höhlenwelt regelrecht aus dem Felsen sprengen.
Auf engstem Raum wurde gesprengt, abgerissen, gebaut und gepflanzt. Rund 500 Sprengungen waren nötig. Im Felsen drin habe man fast nur positive Überraschungen erlebt, sagt Andreas Burri. «Wir haben Strömungsripplen vom damaligen Urmeer gefunden oder einen Rutschharnisch, der auf die gewaltigen Kräfte der Alpenfaltung hinweist. Wir konnten diese Funde so nicht erwarten.»
Der Weg im Fels des Gletschergartens mündet tief im Berg in einer grossen Kaverne. Hier sammelt sich das von der Erdoberfläche eindringende Regenwasser in einem See.
Die Zeitreise tief im Felsen des Gletschergartens führt somit nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Gegenwart. Und auch die Zukunft wird thematisiert. «Der Mensch ist der wichtigste Gestaltungsfaktor auf der Erdoberfläche», sagt Andreas Burri. Man werde deshalb in der Felsenwelt auch Spuren finden, die die Zivilisation hinterlässt. So wolle man die Leute dafür sensibilisieren, dass alles, was der Mensch tut, Auswirkungen hat.
Wenn die Museumsbesucherinnen und -besucher durch den markanten Betonausgang wieder ans Tageslicht steigen, sollen sie um eine Erfahrung reicher sein.
Für Andreas Burri, Direktor des Gletschergartens, ist die Eröffnung der Felsenwelt ein wichtiger Moment. Nicht nur, weil damit nun eine jahrelange Planung und Bauzeit ein Ende nimmt, sondern weil sich diese Investition von 20 Millionen Franken nun auszahlen muss. Man wolle mit dieser Felsenwelt attraktiver werden, sagt Andreas Burri. Dies sei dringend nötig: «In den letzten 30 bis 40 Jahren hat der Gletschergarten sehr viele Besucherinnen und Besucher verloren.» In den 70er- und 80er-Jahren habe das Museum bis zu 180'000 Eintritte im Jahr gezählt. In den letzten zehn Jahren seien es lediglich 115'000 Eintritte jährlich. Dieser Entwicklung wolle man nun entgegentreten: Ziel sei es, neu bis zu 150'000 Leute im Gletschergarten mit der neuen Felsenwelt begrüssen zu können.