Die Grosstadt Genf bekommt eine S-Bahn: den Léman Express. Ab dem 15. Dezember 2019 verbindet die neue unterirdische S-Bahn die beiden Seeufer und fährt im Viertelstundentakt weiter in die französischen Vororte. Höchste Zeit, denn der Verkehr ist an seine Grenzen gekommen. Eine halbe Million Autos fahren täglich in die Stadt Genf.
1,6 Milliarden Franken kostet die neue S-Bahn, finanziert von Bund und Kanton. Seit sechs Jahren baut die SBB an den neuen Bahnlinien, fünf neue Bahnhöfe entstehen. Und die Zweiräder erhalten 45 Kilometer neue Velowege. «Ich wäre sehr glücklich, wenn wir die gleiche Mobilität wie Zürich, Basel oder Bern hätten. Eisenbahn und nachhaltige Mobilität müssen in den Städten gestärkt werden», sagt der grüne Regierungspräsident Antonio Hodgers, ein Vorkämpfer für die Genfer S-Bahn.
Verhandlungen bis nach Paris
Christian Dupessey ist Bürgermeister der französischen Grenzstadt Annemasse. Von 80'000 Einwohnern arbeitet die Hälfte in Genf. Dupessey rechnet mit einem regelrechten Eisenbahn-Boom. Mit bis zu 4 Millionen Zugreisenden pro Jahr rechnet künftig der Bürgermeister – heute sind es 350'000. «Die S-Bahn wird den Verkehr in der Agglomeration von Genf revolutionieren», sagt er.
Die Revolution kommt später als in Zürich. Die Stadt hat seit 30 Jahren eine S-Bahn. Warum hat das in Genf so lange gedauert? «Wir teilen über 90 Prozent unserer Grenze mit Frankreich. Die S-Bahn wird mehrheitlich auf französischem Boden fahren. Verhandlungen zwischen Stadt und Kanton sind leicht. Wir mussten jedoch mit den französischen Regionalbehörden und bis nach Paris verhandeln. Das kostete enorm viel Zeit», so Regierungspräsident Hodgers.
Mit dem Zug zur Arbeit – in den Deutschschweizer Städten eine Selbstverständlichkeit. «Das Ziel sind 50'000 Leute pro Tag im Zentrum Genf», sagt Alain Barbey, SBB-Chef der Region Westschweiz. «Die Leute werden von überall kommen, nicht nur aus Frankreich.»