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Sanierung Reussbrücke Luzern Grösster Kran der Schweiz für Brücken-Renovation im Einsatz

Um das Industriedenkmal zu restaurieren, werden drei Brückenelemente einzeln saniert. Schon der Bau in den 1920er-Jahren war tollkühn.

Minutiös hatten die Verantwortlichen das Vorhaben geplant. Alles war für den Start der Brückensanierung auf der SBB-Strecke Luzern-Zug-Zürich vorbereitet. Und nun könnte ihnen ausgerechnet der Föhn in die Quere kommen, den Riesenkran aus dem Gleichgewicht bringen. Bei Stefan Wassmer, Gesamtprojektleiter bei der SBB, ist Anspannung spürbar.

Er checkt noch einmal das Wetter. Grünes Licht: «Wir können loslegen», gibt Wassmer per Handy durch. Kurz darauf hebt der grösste Raupenkran der Schweiz das 47 Meter lange Brückenelement in die Höhe. 185 Tonnen Last schweben in der Luft. «Auf diesen Tag haben wir jahrelang hingearbeitet.»

Zwei Männer beobachten Brückenkonstruktion über Fluss.
Legende: 185 Tonnen wiegt das Brückenelement, das am 22. März 2025 von einem Riesenkran herausgehoben wurde. Keystone/Urs Flüeler

Bis im Herbst 2027 setzt die SBB die Reussbrücke Fluhmühle in Luzern instand. Der Korrosionsschutz des denkmalgeschützten Bauwerks muss erneuert werden, dies geschah zuletzt vor knapp 40 Jahren.

Wegen des Bahnbetriebs werden die drei Brückenelemente eines nach dem anderen herausgehoben und am Ufer saniert. Ein Provisorium ermöglicht es, dass weiterhin rund 200 Züge pro Tag über die 144 Meter lange, eingleisige Brücke rollen können.

Die SBB rechnet für dieses Projekt mit Kosten von rund 15.3 Millionen Franken. Wäre da eine neue Brücke nicht günstiger gewesen? «Nein», sagt Stefan Wassmer. «Eine Studie ergab: Die Kosten wären 30 bis 40 Prozent höher gewesen.»

Stahlkoloss steht unter Denkmalschutz

Die Reussbrücke Fluhmühle ist eine der wenigen noch erhalten gebliebenen Halbparabel-Fachwerkträgerbrücken der Schweiz. Und leistet mittlerweile seit über hundert Jahren ihren Dienst: Am 21. September 1921 wurde sie dem Eisenbahnverkehr übergeben. Nach 13 Monaten Bauzeit.

Die denkmalgeschützte Stahlkonstruktion ersetzte damals die Brücke von 1863/64. Jene hatte noch fünf Bögen und musste mit der Elektrifizierung der Bahnstrecke 1922 dem heutigen Bauwerk weichen. «Denn die elektrischen Lokomotiven waren sehr viel schwerer als die Dampflokomotiven», sagt Susanna Kraus Casutt, Co-Leiterin des Stadtarchivs Luzern.

Aus heutiger Sicht wirken die Baustelleninstallation wie auch die Arbeitsverfahren von damals tollkühn. «Einfachste Mittel kamen zum Einsatz», sagt Kraus. «Kleine Krane, ganz viel Handarbeit und Holz für die provisorischen Bauten.» Die Stahlträger seien Stück für Stück zusammengesetzt und genietet worden.

Damals wurde das menschliche Leben noch nicht so hoch gewichtet wie heute.
Autor: Susanna Kraus Casutt Co-Leiterin Stadtarchiv Luzern

Sicherheit? Liess zu wünschen übrig. «Die Arbeiter turnten ohne jegliche Sicherung auf den Gerüsten herum», sagt Kraus. Der Bau der Reussbrücke ging denn auch mit einigen Unfällen einher. Ein Mann wurde von einem herabfallenden Balken erschlagen.

Belegt ist auch der Tod von zwei Ingenieuren und zweier ihrer Arbeiter. Bei der Sprengung der provisorischen Brückenpfeiler hatte ein Zünder versagt. Die Untersuchung des Zündapparates löste eine Explosion aus und riss die vier Männer in den Tod. «Damals wurde das menschliche Leben noch nicht so hoch gewichtet wie heute», so Kraus.

Gleiches Prozedere folgt nun noch zweimal

Zurück ins Jetzt. Stefan Wassmer, Gesamtprojektleiter bei der SBB, steht am Reussufer und zieht Bilanz: «Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen», sagt er. «Es ist alles so gelaufen, wie wir uns das erhofft haben.» Wenn es so weitergehe, sei er sehr zufrieden.

Das Kranspektakel wird nun noch zweimal wiederholt, das nächste Mal in einem halben Jahr. Im Herbst 2026 soll der Riesenkran dann den letzten Stahlkoloss zurück an seinen Platz auf der Eisenbahnbrücke bringen.

Schweiz aktuell, 27.3.2025, 19 Uhr ; 

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