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«Finger weg von der Handschrift!» mit Simon Chen
Aus Zytlupe vom 23.08.2024. Bild: SRF
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Die etwas anderen News Finger weg von der Handschrift!

Unsere Kinder können nicht mehr von Hand schreiben. Kein Problem, wir Menschen tragen schliesslich auch kein Fell mehr. Und zwar weil wir es nicht mehr brauchen. Denn wozu unleserlich von Hand schreiben, wenn man sauber tippen kann?

Simon Chen

Kabarettist

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Es kommt immer wieder vor, dass einem bei Simon Chens Worten das Lachen im Hals stecken bleibt. Als ehemaliger Schauspieler treibt als Wortspieler vieles an die Grenze – und trifft dabei gleichzeitig immer wieder ins Schwarze. Der gebürtige Freiburger ist Slampoet, Spokenword- und Hörspiel-Autor und aktuell mit seinem Bühnenstück «Im Anfang war das Wort» unterwegs

Die Schule hat wieder begonnen und es zeigt sich: Unsere Schülerinnen und Schüler haben das Schreiben mit der Hand buchstäblich nicht mehr im Griff. Sie schreiben immer unleserlicher und trotz Sauklaue auch noch langsamer. Dazu kommen die ganzen Schreibfehler.

Aber es gibt zum Glück eine Lösung: Laptops! Wofür an Schönschrift und Orthografie arbeiten, wenn es doch Computer inklusive Korrekturprogramm gibt? Ausserdem kriegen die Armen schon nach zehn Minuten Krämpfe in der Hand. Kein Wunder, denn beim Handschreiben müssen mehr als 30 Muskeln und 15 Gelenke koordiniert werden. Von Hand schreiben gehört deshalb eigentlich in den Sportunterricht!

Schluss mit dem Kreidegequietsche und den handschriftbedingten Muskelverspannungen!

Und immer mehr Lehrpersonen haben Mühe, mit der Kreide an der Wandtafel zu schreiben. Ist doch klar, unsere Junglehrerinnen und -lehrer sind ja auch alle schon Digital Natives: Die kann man nicht einfach vor eine Schwarze Wandtafel stellen, wie einen Neandertaler vor die Höhlenwand. Moderne Lehrkräfte arbeiten mit Beamer und digitalen Smartboards. Schluss mit dem Kreidegequietsche und den handschriftbedingten Muskelverspannungen! Es geht um das Wohl und die Zukunft unserer Kinder und nicht um die Profitgier von irgendwelchen Schreib- und Papierwaren-Konzernen! Beamer statt Tafel, Laptop statt Schreibheft!

Wozu Fülli und Schönschrift, wenn es schon für Postkarte und Einkaufszettel eine App gibt?

«Wer von Hand schreibt, kann sich das Notierte besser merken», sagen Fachleute. Diese Analog-Nostalgiker haben offenbar noch nie etwas von Google, ChatGPT und KI gehört. Sich etwas merken kann man getrost vergessen! Was man im späteren Leben nicht können muss, muss man auch nicht lernen, geschweige denn unterrichten! Du machst doch den Führerschein auch nicht auf Handschaltung, wenn du nachher mit einem Automaten herumfährst. Wozu Fülli und Schönschrift, wenn es schon für Postkarte und Einkaufszettel eine App gibt?

Die Verschlechterung der Handschrift macht den meisten Lehrpersonen auch keine Sorge. Das Verkümmern der Handschrift gilt im Digitalzeitalter als normaler kultureller Wandel. Warum tragen wir Menschen kein Fell mehr, wie unsere Vorfahren? Weil wir es nicht mehr brauchen!

Denn das Bücherlesen – das ist unbestritten – geht immer auf Kosten der Bildschirmzeit!

Zukunft kann man nicht aufhalten, wir müssen unsere Kinder aber fit machen dafür. Als Nächstes sollten wir sie deshalb langsam, sanft, aber bestimmt von einer weiteren veralteten Kulturtechnik abbringen: vom Bücherlesen. Denn das Bücherlesen – das ist unbestritten – geht immer auf Kosten der Bildschirmzeit! Laut Studie schwächt die Lektüre eines Buches die digitale Kompetenz eines 15-jährigen Jugendlichen um bis zu acht Megabyte!

Also: Wozu unleserlich von Hand schreiben, wenn man sauber tippen kann? Wozu Kreide und schwarze Wandtafel, wenn es Beamer und Smartboards gibt? Und wozu lesen, wenn man Radio hören kann?

«Zytlupe» als Podcast und online

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SRF 1, Zytlupe, 24.8.2024, 13:00 Uhr

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