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Die etwas anderen News Mausgerutscht – Armeechef Thomas Süssli hebt den Daumen

Ein Oberstleutnant postet auf LinkedIn, man solle den Armee-Angehörigen wieder Taschenmunition mit nach Hause geben. Von Armeechef Thomas Süssli gibt es ein Like. Bundesrat und Parlament hatten sich 2007 dagegen ausgesprochen. Social-Media-Kurs für Süssli!

Renato Kaiser 

Kabarettist

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Mit seiner geschliffenen Sprache trägt Renato Kaiser unentwegt kritische Gedanken an sein Publikum. Diese werden mit so viel Dampf vorgetragen, dass man dabei nicht nur bestens unterhalten, sondern auch regelrecht mitgerissen wird. Die Arbeit des gebürtigen St. Gallers wurde 2020 mit dem Salzburger Stier geehrt. Kaiser ist Co-Head-Writer der «Sendung des Monats» und aktuell mit seinem vierten Bühnenprogramm «NEU» auf Deutschschweizer Bühnen zu sehen.  

Der Grund für den Taschenmunition-Stopp war, dass Suizide mit Armeewaffen zugenommen hatten. Ein Argument, das Oberstleutnant Thomas Vogel scheinbar nicht überzeugte. Nachdem Thomas Süssli unter dem Beitrag auf «Like» klickte, sagt sein Sprecher «Falscher Alarm» und lässt verlauten: «Dass sich Armeechef Süssli mit einem Like exponiert, bedeutet keine inhaltliche Stellungnahme.»

Soso. Ja, was «liked» er dann, wenn nicht den Inhalt? Die Schriftart? Die Zeichensetzung? Ist er einfach Fan von Thomas Vogels Stils? «Was mir am meisten gefällt, OBERST LEUTNANT, ist Ihre Poesie…»

Wenn wir der Armee schon Milliarden unserer Steuergelder nachwerfen, wollen wir doch wissen, was der Chef gut findet.

Können wir mal aufhören, den mächtigsten Menschen des Landes immer einen kognitiven Freipass zu geben, wenn es um Social Media geht? Wir können doch nicht sagen: Dieser Mann, das ist unser Mastermind. Der kann im Ernstfall jeden Feind überlisten – ausser das Internet. Das ist sein Endgegner. Er weiss nicht, was «Daumen hoch» bedeutet.

Wie peinlich. Und: Wenn wir der Armee schon Milliarden unserer Steuergelder nachwerfen, wollen wir doch wissen, was der Chef gut findet – gerade in der Kriegssituation! Man stelle sich vor, der Leutnant fragt nach dem Befehl zum Angriff, sein Armeechef gibt den Daumen hoch und sagt nachher «Was? Habt Ihr jetzt geschossen? Das war doch keine inhaltliche Stellungnahme!»

Wahrscheinlich steht bei Süssli im LinkedIn Profil auch: «Beruflich Armeechef, poste hier nur privat». Genau. Wer auf LinkedIn privat postet, hat die Kontrolle über sein Leben verloren. Auf LinkedIn macht man Geschäfte. Wobei, wenn man sich die letzten Monate und Jahre die Schweizer Armee so anschaut, würde es nicht überraschen, wenn der Armeechef Kampfjets auf LinkedIn sucht.

Wir brauchen eine Sozialpädagogin, die dem Armeechef einen Social Media Kurs gibt.

Wenn man dem Schweizer Armeechef den Zugang zu LinkedIn gewährt, passiert offensichtlich das Gleiche, wie wenn man einem Soldaten Taschenmunition mit nach Hause gibt: Man muss Angst haben, dass er sich ins eigene Bein schiesst. Oder schlimmer.

Denn: Wenn wir aufgehört haben, den Armee-Angehörigen die Taschenmunition mitzugeben, weil sich die Suizide durch Armeewaffen gehäuft haben, sollen wir dann nicht lieber noch ein bisschen warten, wie wir sie ihnen zurückgeben? Nicht, dass, wenn der Russe wirklich kommt, die «beste Armee der Welt» sich bereits selbst neutralisiert hat.

Lasst uns doch dafür einfach das Oligarchengeld nehmen, anstatt unseres!

Vielleicht sollten wir doch nicht bei der Bildung sparen. Wir brauchen keinen neuen Kampfjet. Wir brauchen eine Sozialpädagogin, die dem Armeechef einen Social Media Kurs gibt.

Und wenn wir schon bei den Ausgaben fürs Militär sind: Zuerst haben wir aus Angst vor Putin das Geld von den Oligarchen auf Schweizer Konten geschützt. Und jetzt müssen wir aus Angst vor Putin die Armee aufrüsten? Lasst uns doch dafür einfach das Oligarchengeld nehmen, anstatt unseres!

Aber gell, das ist keine inhaltliche Stellungnahme. Aber wenn das jemand auf LinkedIn postete, würd ich’s liken.

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SRF 1, Zytlupe, 12.4.2025, 13:00 Uhr

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