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Schillernder Multimillionär Tito Tettamanti: «Ich bin ein Konservativer»

Tito Tettamanti ist einer der reichsten und schillerndsten Tessiner und provoziert mit klaren Aussagen: Der Financier, Wirtschaftsjurist und Multimillionär schreibt auch mit 94 Jahren regelmässig Kolumnen und äussert sich pointiert zum politischen Geschehen. Ein Besuch.

Tito Tettamanti empfängt zum Gespräch in seiner Villa am Fusse des Monte Brè hoch über Lugano. Die Szenerie wirkt wie aus der Zeit gefallen: Ein Butler in weisser Uniform mit goldenen Knöpfen und Schulterbesatz empfängt den Journalisten und führt ihn ins Arbeitszimmer des schwerreichen Financiers.

Älterer Mann in Anzug am Schreibtisch vor Bücherregal.
Legende: Tito Tettamanti arbeitet auch mit 94 Jahren noch täglich in seinem Büro. Das halte ihn fit, meint er. SRF/Iwan Santoro

Tettamanti sitzt an seinem Schreibtisch, elegant gekleidet in einem blauen Anzug, mit Hemd, Krawatte und passendem Einstecktuch. Der Financier ist wahrlich ein Mann alter Schule: Er hat weder Laptop noch Smartphone, dafür eine Sekretärin.

Berg und See unter blauem Himmel.
Legende: Tito Tettamanti arbeitete und lebte zwischenzeitlich in den USA und Kanada. Er blieb aber seiner Heimatstadt Lugano treu. Iwan Santoro/SRF

Allerdings ist der 94-Jährige bestens über das Weltgeschehen informiert und so beginnt das Gespräch auch mit einem aktuellen Thema: den angedrohten Zöllen von US-Präsident Donald Trump.

Trump: «Arrogant, aber nicht dumm»

Er hätte Donald Trump nicht gewählt, sagt Tettamanti, Kamala Harris allerdings auch nicht. Trump sei zwar arrogant, aber nicht dumm. Dessen Zolldrohungen sieht Tettamanti als Mittel zur Lösung tieferliegender Probleme: hohe Staatsverschuldung der USA und Abhängigkeit von Importen. Langfristig prognostiziert er eine neue geopolitische Ordnung mit den USA, China und Russland als Hauptakteuren.

Tettamanti hat kürzlich ein Büchlein mit dem Titel «Confessioni di un conservatore» verfasst – eine Art politische Reflexion, die er als Geschenk an Freunde verteilt hat. Darin fordert er mehr politische Kultur statt opportunistischer Anpassung der Parteien an den Zeitgeist. Er sei überzeugter Konservativer. Das bedeute, er sei für den Fortschritt, ohne aber die Traditionen zu vergessen.

Alter Mann mit Buch in der Hand.
Legende: Tito Tettamanti schrieb auch mehrere Bücher. Das bekannteste: «Die sieben Sünden des Kapitals». Karl Mathis/Keystone

Kritik an politischen Entwicklungen

Tettamanti kritisiert besonders die ehemalige CVP für ihren Verlust klarer Werte. Auch die Linke habe sich verändert und verfolge teils utopische Ziele. Den politischen Wandel beschreibt er als Supermarkt-Phänomen: Parteien wechselten laufend ihr Angebot, um Stimmen zu gewinnen.

Karriere von Tito Tettamanti

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  • Tettamanti studierte Jura und eröffnete Ende der 1950er-Jahre ein Anwaltsbüro.
  • In den 1960er-Jahren gründete er die Treuhandgesellschaft Fidinam SA.
  • In den 1970er-Jahren handelte er vornehmlich mit Immobilien, zuerst im Tessin, dann auch im Ausland.
  • Nach dem Börsencrash 1987 wurde Tettamanti schweizweit berühmt-berüchtigt wegen seiner Beteiligungen bei Sulzer, Saurer und Rieter.
  • In den 2010er-Jahren mischelte er auch im Medienbusiness mit. Er übernahm die «Basler Zeitung» und verkaufte diese alsbald wieder mit Gewinn.
  • Tettamanti verfasste verschiedene Bücher. Die bekanntesten sind «Die sieben Sünden des Kapitals» und «Kapitalismus: Fluch oder Segen?».

Tettamanti engagierte sich gegen die seiner Meinung nach unausgewogene Medienkonzentration und unterstützte konservative Medien wie «Die Weltwoche», und den «Nebelspalter». Es habe sich einiges geändert. Vor allem lobt Tettamanti die NZZ unter Chefredaktor Eric Gujer.

Älterer Mann reibt sich die Augen, Brille in der Hand.
Legende: Tito Tettamanti mischte auch die Medienlandschaft auf: Die «Basler Zeitung» musste er jedoch wegen massiven Leserprotests wieder verkaufen. Alessandro della Bella/Keystone

Dieser sei zwar kein Konservativer, aber ein echter Liberaler. Auch von den rechtskonservativen Journalisten Markus Somm und Roger Köppel ist er begeistert, wenn er auch die Haltung Köppels nicht immer teilt, insbesondere beim Ukraine-Krieg. Für Tettamanti ist der russische Angriff zu verurteilen. Er stehe klar auf der Seite der Ukraine.

Kapitalismus und soziale Verantwortung

Tettamanti sieht sich als überzeugten Kapitalisten. Aber auch dieser mache Fehler. Etwa bei der gerechten Verteilung des Reichtums. Pauschale Leistungen wie AHV-Zahlungen für alle lehnt er ab.

Älterer Mann im Anzug blickt von Balkon auf See und Berge.
Legende: Tito Tettamanti (hier auf einer Aufnahme von 2002) hält sich mit täglichem Schwimmen im eigenen Bassin und einem Kilometer Laufen fit. Martin Ruetschi/Keystone

Er plädiert für gezielte Unterstützung Bedürftiger. Ein Giesskannenprinzip hält er für ineffizient und überholt. Diesen Fehler machten alle, das müsse man beheben.

Ich habe keine Angst vor dem Tod.
Autor: Tito Tettamanti Financier und Multimillionär

Tettamanti hält sich fit mit viel Schlaf und viel Bewegung. So läuft er täglich einen Kilometer und schwimmt regelmässig. Er habe keine Angst vor dem Tod, aber vor Kontrollverlust, beispielsweise durch Demenz oder Immobilität. Was den Tod betreffe, sage er jeweils auf Italienisch, er sei «in lista d'attesa», auf der Warteliste.

Tagesgespräch, 14.4.2025, 13:00 Uhr;weds

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