In der Schweiz steigt der Bedarf nach der Substanz Oxycodon stetig an, wie die Recherche von «Rundschau» zusammen mit dem Onlinemagazin «Republik» zeigt. Der Wirkstoff spielt eine wichtige Rolle in der US-Opioid-Krise: Er ist ein sehr starkes Schmerzmittel mit hohem Suchtrisiko.
Stephan Krähenbühl, Präsident der Swissmedic-Experten-Kommission, fordert, dass in der Schweiz die Richtlinien für die Opioid-Abgaben überprüft und allenfalls angepasst werden müssen. Unbestritten sei der Einsatz von Opioiden bei schweren Tumorerkrankungen oder auch kurzzeitig nach Operationen. «Doch bei unspezifischem, chronischem Schmerz dürfen Opioide nicht abgegeben werden», sagt Krähenbühl.
Alle Opioide machen süchtig
Man darf vor Opioiden keine Angst haben, aber die Ärzte müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und die starken Schmerzmittel nur mit Strategie einsetzen.
Der Chefarzt für Pharmakologie arbeitet am Universitätsspital Basel und redet als Berater bei Swissmedic auch bei der Zulassung von Medikamenten in der Schweiz mit. «Es machen alle Opioide süchtig, nicht nur Oxycodon. Man darf vor Opioiden keine Angst haben, aber die Ärzte müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und die starken Schmerzmittel nur mit Strategie einsetzen.»
Der Ärzteverband FMH betont, das Gesundheitssystem in der Schweiz unterscheide sich grundlegend von jenem in den USA. Eine Opioid-Krise sei hier nicht zu befürchten.
Stephan Krähenbühl, Präsident der Swissmedic Experten-Kommission, fordert aber trotzdem einen sensibleren Umgang mit Oxycodon. «Wir müssen mehr Anstrengungen unternehmen. Die Leute müssen sich noch besser informieren.» Und auch die Fachgesellschaften müssten die Richtlinien revidieren und eingestehen, dass sie das Problem unterschätzt hätten und in Zukunft anders vorgehen müssen.
Zunehmende Sorgen um Nebenwirkungen
Betroffene Schweizer Fachgesellschaften reagieren auf die Konfrontation mit dem Thema: Seit neustem empfehlen die Rheumatologen, bei chronischen Schmerzen keine Opioide mehr zu verschreiben. «Zunehmend Sorge bereiten die unerwünschten Wirkungen der Opioide, die von der Überdosierung bis hin zum Tod reichen können», schreibt die Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie. Vorsicht auch bei den Neurologen: Nach den neusten Empfehlungen dieser Fachgesellschaft sollen Opioide bei Kopfschmerzen nicht eingesetzt werden.
Die Schweizer Zulassungsbehörde Swissmedic nennt im Jahr 2018 zwei Todesfälle in Bezug auf Oxycodon, betont aber, dass in der Schweiz diese stark wirkenden Schmerzmittel vor allem in der Palliativmedizin zum Einsatz kämen. Ausserdem erhielten die gemeldeten Patienten oft noch andere Medikamente gleichzeitig.