SRF News: Was sagt dieser Protest über die heutige Jugend und die Jugendkultur aus?
Marlis Buchmann: Es geht hier prinzipiell nicht um die Jugend als Ganzes. Es geht hier um Mittelstufen-Schüler. Der Protest macht auf Widersprüche in der Gesellschaft aufmerksam. Zudem artikulieren die Schüler mit diesem Protest ihre Interessen. Diese haben durchaus etwas zu tun mit den klassischen Jugendwünschen von früher – mehr Freiheit und Selbstbestimmung.
Doch heute geht es um andere Anliegen. Die Schüler demonstrieren im Kern ja für mehr Bildung und weniger Ferien?
Die Schüler wollen nicht für den Arbeitsmarkt abgerichtet werden.
Es geht um die möglichen Opfer der Bildungskürzungen. Es würden Kurse wegfallen, die nicht unmittelbar verwertbar sind im Arbeitsmarkt. Dies bringt eine gewisse Instrumentalisierung der Bildung zum Ausdruck. Dagegen wehren sich die Jugendlichen. Vordergründig geht es schon um das Geld, sie wollen aber vor allem nicht einfach für den Arbeitsmarkt abgerichtet werden.
Aber wenn die Jugendlichen mehr Bildung verlangen, dann sind sie doch genau an einer solchen Karriere interessiert?
Natürlich hat ein Teil der Jugendlichen ihre Zukunft im Blick. Es wird ihnen aber auch immer wieder über den öffentlichen Diskurs eingetrichtert wie wichtig das sei. Es wird immer wieder gesagt, dass in der Schweiz der einzige Rohstoff die Bildung sei.
Wenn es aber am Geld fehlt, wird in der Bildung gespart. Ich glaube genau auf diesen Widerspruch wollen die Demonstranten aufmerksam machen. Meiner Meinung nach ist es legitim, dies auch mit Blick auf die eigene Zukunft und Möglichkeiten zu tun.
Es fällt auf, dass die Organisatoren sehr darauf geachtet haben, dass alles legal und geordnet abläuft. Inwiefern passt dies in das Bild der Jugend?
Im Gegensatz zu früher fällt dies sicher auf. Aber vielleicht sind die Jugendlichen einfach schlauer geworden und haben etwas aus den vergangenen Protesten gelernt. Sie konzentrieren sich nicht mehr auf Nebenschauplätze und lassen sich nicht auf Scheingefechte ein. Zudem sind sie in den sozialen Netzwerken unterwegs, damit ist es viel einfacher einen solchen Protest zu planen und organisieren.
Vielleicht sind die Jugendlichen einfach etwas schlauer geworden.
Was sind nun die Folgen? Es gab zwar Lob von Politikern, aber richtige Zugeständnisse gab es nicht. Bewirkt ein braver Protest somit trotzdem wenig?
Kurzfristig wird es sicher wenig bewegen. Wenn wir aber zurückblicken, haben diese Jugendproteste selten kurzfristig etwas bewirkt. Mittelfristig haben die Demonstrationen aber häufig Auswirkungen gehabt, wie man an den vielen Freiräumen für Jugendliche heute sieht. Ich würde diese Proteste nicht kurzfristig messen, sondern mittelfristig beobachten und schauen, ob sie etwas genützt haben.
Das Gespräch führte Susanne Schmugge.