Dominik Müller* staunte, als er letzthin die Limite seiner Kreditkarte einfach so überziehen konnte. «Ich konnte Bezüge tätigen, die über meiner vertraglich vereinbarten Limite von 2500 Franken lagen», schreibt Müller dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».
Auf seine Anfrage teilte ihm die Herausgeberin Swisscard mit, dass Transaktionen, welche die Limite übersteigen, grundsätzlich abgelehnt würden. Allerdings könne das bei Ferienabwesenheiten oder während Feiertagen und Wochenenden zu Unannehmlichkeiten führen. Deshalb könne die Limite bis zu einem gewissen Grad überzogen werden. «Insgesamt ist und bleibt der Karteninhaber dafür verantwortlich, die Limite einzuhalten.» Über allfällige Überschreitungen würden die monatlichen Rechnungen informieren.
«Keine gute Idee»
Dominik Müller hält das Vorgehen von Swisscard für «höchst bedenklich». Es rege aktiv dazu an, Schulden zu machen, und allenfalls wähne man sich in trügerischer Sicherheit, falls die Karte gestohlen werde.
Auch Fachleute der Schuldenprävention runzeln ob der flexiblen Limite die Stirn. Agnes Würsch von der Budget- und Schuldenberatung Plusminus in Basel, findet es «keine gute Idee», dass Kartenlimiten unbemerkt überzogen werden können. «Leute, die bewusst eine Limite festlegen, machen das aus einem bestimmten Grund und diesen gilt es zu respektieren», sagt die Präventions-Verantwortliche. Wenn schon, müssten Kunden im Falle einer Überschreitung sofort informiert werden. Auch Noémie Zurn von der Berner Schuldenberatung findet: «Der Kunde muss sich auf die Abmachungen verlassen können».
Swisscard will «Flexibilität des Kunden sicherstellen»
Auf Anfrage begründet Swisscard die höhere Ausgabenlimite mit der finanziellen Flexibilität der Kunden. Diese sei zum Beispiel in den Ferien wichtig, wenn aufgrund von Hotel- oder Mietwagenreservationen vorsorglich grössere Beträge auf der Kreditkarte blockiert würden. «Ansonsten könnte der Kunde bei ausgeschöpfter Limite in diesen Fällen kurzfristig seine Kreditkarte nicht mehr nutzen.»
Zu den Bedenken der Schuldenprävention sagt Swisscard, die Limite könne nur «im Einzelfall» bei einem «niedrigen Risikoprofil» erhöht werden, und wenn der Kunde nicht im Zahlungsverzug sei. «Jede Limiten-Erhöhung wird individuell geprüft.» Allerdings: Der Kunde merkt davon nichts. Er kann einfach weiter Geld ausgeben, ohne dass er realisiert, dass die Limite längst überschritten ist. Um wie viel die Limite überzogen werden kann, gibt Swisscard nicht an, verweist aber auf die Möglichkeit, sich optional per SMS informieren zu lassen, sobald eine gewisse Ausgaben-Höhe erreicht worden ist. Diese Dienstleistung sei bis auf allfällig anfallende SMS-Gebühren kostenlos.
Flexible Limiten auch anderswo
Swisscard ist nicht die einzige Kartenherausgeberin, welche es mit den vereinbarten Limiten nicht so genau nimmt. So sind etwa bei Cornèrcard «die Limiten innerhalb bestimmter Grenzen flexibel», wie das Unternehmen auf Anfrage mitteilt. Auch hier passiert die Anpassung der Limite automatisch. Und auch Postfinance gibt an, es gebe eine Art Sicherheitslimite als «Puffer». Anders bei Viseca. Hier sind die Limiten fix und «können nicht überzogen werden».
*Name geändert