Der Sport lebt von Emotionen – auf und neben dem Platz. Von diesen Emotionen wollen auch Anbieter von Sportwetten profitieren, sie locken mit immer neuen Angeboten, der Sportwetten-Markt wächst. Manche Spieler verlieren dabei die Kontrolle und landen in der Spielsucht.
Auf Bildschirmen in Schweizer Fussballstadien wurde deshalb am Sonntag eine Präventionskampagne lanciert. Sie will auf das Suchtpotenzial von Sportwetten aufmerksam machen. Getragen wird sie von 16 Kantonen.
André führte ein Doppelleben
Die Versuchung lauert im Internet. Rund um die Uhr können Spieler Wetten platzieren. Angeboten werden Sportereignisse aus der ganzen Welt im Minutentakt.
Sportwetten haben André – er möchte anonym bleiben – ruiniert. Täglich spielte der End-30er, es war der erste Gedanke am Morgen. Er wurde süchtig, führte ein Doppelleben.
Volumen der Wetteinsätze verdoppelt
«Ich hatte immer weniger Zeit für meine Familie, gerade an den Wochenenden, an denen besonders viele Spiele laufen», erzählt der Mann. Auch wenn er mit der Familie unterwegs war, seien seine Gedanken stets bei den Spielen gewesen. «Ich war ständig am Resultate checken und vernachlässigte meine Kinder», so André.
Der Markt für Sportwetten wächst rasant. Zahlen für die Schweiz gibt es nicht. Aber in Deutschland etwa hat sich das Volumen der Wetteinsätze in den letzten fünf Jahren verdoppelt.
Durch Zufall bestimmt
Sucht-Expertin Silvia Steiner sagt, vor allem sportbegeisterte, junge Männer liefen Gefahr, wettsüchtig zu werden. «Das Gefährliche ist, dass Sportwetter denken, dass sie mit grossem Sportwissen und grosser Expertise einen Einfluss nehmen können auf ihre Gewinnchancen, und das ist trügerisch», so Steiner. Denn Sportwetten seien wie alle anderen Glückspiele «durch einen grossen Teil vom Zufall bestimmt.»
«Konnte keinen Kollegen mehr anpumpen»
Auch André glaubte, er würde dank seines Sportwissens gewinnen. Doch irgendwann häuften sich seine Schulden auf 250'000 Franken. «Ich hatte überall extrem viel Schulden: bei Kollegen, bei Banken, auf der Kredit- und auf Kundenkarten. Mein Konto war immer im tief roten Bereich, der Lohn ausgegeben, bevor er da war.»
Für ihn war es immer ein Kampf: «Wie zahle ich die Miete oder die Krankenkasse? Dann kam der Punkt, an welchem ich keine Kollegen mehr anpumpen oder Kredite aufnehmen konnte. Dann ging gar nichts mehr.» Seit zwei Jahren spielt André nicht mehr, er liess sich therapieren. Wettschulden wird er aber noch viele Jahre abzahlen müssen.