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Schulen und Pandemie Coronaherd Schule: Streit um Test-Strategie

Jede Woche werden die Schulkinder im bündnerischen Malans getestet – auch die gesunden. Hier wird präventiv getestet – also bevor konkret Corona-Fälle auftauchen. Der Kanton Graubünden sieht diese präventiven Massentests als notwendigen Beitrag zur Pandemiebekämpfung. Die Massnahme ist freiwillig, doch alle Schulen im Kanton sowie ein grosser Teil der Kinder, Jugendlichen und Eltern machten mit, freut sich Martin Bühler, Chef des kantonalen Führungsstabs und damit oberster Bündner Corona-Krisenmanager. «Mit den Tests sehen wir, welche Regionen stark betroffen sind. Dort können wir gezielt Massnahmen ergreifen.»

Eltern kritisieren Berner Strategie

Die Kantone setzen die Corona-Massnahmen unterschiedlich um: Graubünden gilt bei den präventiven Massentests als Vorreiter – Bern hat eine ganz andere Strategie. Der Kanton hat die präventiven Massentests vor drei Monaten abgeschafft und setzt seither nur noch auf das sogenannte Ausbruchstesten: Ab drei positiven Fällen in einer Klasse gibt es obligatorische Tests bei sämtlichen Personen an der betroffenen Schule. Diese Strategie geht vielen Eltern zu wenig weit.

Die Berner SP-Grossrätin und Mutter Sarah Gabi Schönenberger sorgt sich um die Gesundheit ihrer Kinder. Die Regeln in Bern seien viel zu lasch, kritisiert sie. «Jetzt muss man sofort handeln. Wir verlieren die Kontrolle über das Ausbruchsgeschehen.» Deshalb fordert sie, die präventiven Massentests wieder einzuführen: «Man kann damit Covid-Fälle verhindern und unsere Kinder besser schützen.»

Unterstützung erhält sie von bürgerlicher Seite: Der Berner FDP-Politiker und Vater Raphaël Karlen will, dass alle Schulen zweimal pro Woche testen, um die Corona-Ausbrüche in den Griff zu bekommen. Er sagt: «Wenn wir nichts unternehmen, läuft es auf eine Durchseuchung hinaus. Aber das kann keine Strategie sein. Weder für die Kinder noch für die Eltern, Grosseltern und Lehrkräfte.»

Nutzen umstritten

Der Kanton Bern betont, dass es keine Durchseuchungsstrategie gebe. Die Präventiv-Tests hätten nicht den erwarteten Mehrwert gebracht. Raphael Ben Nescher, Leiter des Berner Corona-Sonderstabs, sagt, gerade auch das Beispiel Graubünden zeige, dass die präventiven Massentests nicht funktionierten. «Der Plan, mit dem regelmässigen Testen die Fallzahlen tief zu halten, geht nicht auf.» Er ist der Meinung, dass es trotz unterschiedlicher Teststrategie bisher zwischen den Kantonen keinen Unterschied in der epidemiologischen Entwicklung gebe.

Hohe Fallzahlen trotz präventiven Massentests

In der Schweiz steigen die Fallzahlen rasant – auch in Graubünden. Obwohl der Kanton viel und regelmässig testet, ist das Virus in den Schulen stark verbreitet. Die Bündner halten an ihrer Strategie mit den präventiven Massentests fest. «Die Entwicklung ist, wie sie ist – bei uns und überall. Doch dank der Tests wissen wir, wo die Fallzahlen wie schnell zunehmen. Dank dieses Sensors sind wir handlungsfähig», ist der Bündner Führungsstab-Chef Martin Bühler überzeugt. So könnten Entscheide schneller und gezielter getroffen werden. Aktuell etwa eine erweiterte Maskenpflicht in manchen Regionen. So wollen die Bündner rechtzeitig verhindern, dass sich Schüler gegenseitig ansteckten und dann viele Familien in Quarantäne müssten.

SRF Rundschau, 24.11.2021, 20:05 Uhr

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