Zum Schutz der Zivilbevölkerung und militärischer Stellungen sind Luft-Abwehrsysteme entscheidend, das zeigt auch der aktuelle Krieg in der Ukraine. Den Schweizer Luftraum soll dereinst das US-System namens Patriot schützen. Das VBS präsentierte das System in Emmen (LU), welches für knapp zwei Milliarden beschafft werden soll.
Markus Graf, Patriot-Verantwortlicher bei der Beschaffungsbehörde Armasuisse, hat lange suchen müssen, um das Boden-Luftabwehrsystem dem Schweizer Publikum zeigen zu können. Es ist Krieg, und die Patriot-Einheiten sind überall im Einsatz. Sie schützen die Nato-Ostflanke. Deutschland und Polen konnten dann trotzdem zwei Exemplare zur Verfügung stellen.
Ruf von Patriot nicht immer ruhmreich
In Emmen zu sehen war mitunter die etwa sechs Meter lange Patriot-Lenkwaffe. Graf erklärt, die Rakete werde nach dem Start von einem Radar ins Ziel geführt. «Sie hat einen Annäherungszünder, wird vor dem Ziel detonieren und das Ziel entsprechend zerstören.» Insgesamt fünf Feuereinheiten mit Radaren, Antennen, Dieselgeneratoren und 17 Startgeräten will die Schweizer Armee beschaffen.
Patriot hatte einen ruhmreichen Start, im Golfkrieg 1991. Es hat damals die irakische Scud-Raketen bekämpfen sollen. Zuerst hiess es mit einer Verlässlichkeit von 45 Treffer auf 47 Ziele. Später wurde die Zahl massiv nach unten korrigiert. Eine Zeitlang genoss Patriot auch den zweifelhaften Ruf, hauptsächlich eigene Kampfjets abzuschiessen und nicht die feindlichen. Doch heute soll es besser sein, die Schweiz kauft eine weiterentwickelte Version von Patriot.
Schweiz kauft spärliche Munitionsmenge
Spricht man mit internationalen Experten, dann fallen ihnen zwei Dinge auf beim Schweizer Projekt. Erstens kauft die Schweiz nicht die aktuelle, die modernste Lenkwaffe zur Bekämpfung von Luftzielen, die sogenannte Pac-3 MSE-Rakete. Sondern die billigere und ältere Pac-2 GEM-T-Rakete. Zweitens, gemäss öffentlichen US-Regierungs-Quellen, kauft die Schweiz nur 70 Lenkwaffen. Wenn pro Ziel zwei Raketen verschossen werden, ist nach 35 Einsätzen Schluss.
Luftwaffen-Chef Peter Merz verhehlt nicht, dass der vorgegebene Finanzrahmen Grenzen gesetzt hat: «Wir mussten natürlich das Budget von zwei Milliarden berücksichtigen. Die Munitionsmenge ist aus unserer Sicht ein vernünftiger Ansatz für den ersten Schritt. Allenfalls wird irgendwann entschieden werden, zusätzlich weitere Munition zu beschaffen.»
Besser mehr Luftabwehr und weniger Kampfjets?
Die Schweiz investiert insgesamt acht Milliarden Franken in die Luftwaffe, sechs Milliarden in neue Kampfjets, für die Boden-Luftabwehr bleiben noch zwei Milliarden Franken. Und so bleiben bis auf weiteres Lücken offen, zum Beispiel beim Schutz vor Marschflugkörpern, gewissen Raketen und gewissen Drohnen.
Wer die Lufthoheit hat, der bestimmt weitestgehend auch, was am Boden passiert.
Der Krieg in der Ukraine zeigt: Russland setzt ballistische Raketen, Marschflugkörper und Artillerie ein. Bräuchte es angesichts dieser Tatsache nicht mehr Luftabwehr und weniger Kampfjets? Merz dazu: «Es braucht beide Bereiche. Es gilt nach wie vor die Regel: Wer die Lufthoheit hat, der bestimmt weitestgehend auch, was am Boden passiert. Und wir sehen in der Ukraine, dass es offenbar der russischen Seite noch nicht gelungen ist, die Lufthoheit komplett zu erreichen, sondern nur zeitlich und geografisch limitiert. Das führt auch zu entsprechenden Verlusten.»
Der F-35A-Kampfjet, der frühestens ab 2027 über der Schweiz fliegen soll, wurde in Emmen ebenfalls präsentiert.