Libellen wie die Gestreifte Quelljungfer oder Amphibien wie der Feuersalamander haben es schwer: Sie gehören zu jenen rund hundert Arten, die auf intakte Quellen angewiesen sind. Ihre Lebensräume sind allerdings bedroht.
Intakte natürliche Quellen werden aber immer seltener. Die meisten sind verbaut oder für die Wasserversorgung gefasst. Eine Zählung im Kanton Aargau hat ergeben, dass drei Viertel aller Quellen nicht mehr in ihrer natürlichen Form vorhanden sind. Nun will das Bundesamt für Umwelt handeln.
Natürliche Quellen sind oft unscheinbar. Erst bei genauerem Hinschauen erkennt man das Wasser, das aus dem Boden austritt und über Moos und Blätter läuft. Gerade weil vor allem kleinere Quellen nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, sei das Wissen über ihre Standorte noch klein, erklärt Biologin Marianne Rutishauser von Pro Natura Aargau.
Rutishauser hat mit dutzenden Freiwilligen zwei Gebiete im Kanton abgesucht. Das Ergebnis nach zwei Jahren: Von 1100 Quellen ist nur noch ein Zehntel natürlich. Die meisten sind verbaut, um das Wasser zu fassen.
Natürliche Quellen sind im Mittelland beinahe vollständig verschwunden. Nur in der Nähe von Auenlandschaften oder in einigen Waldgebieten gibt es sie noch.
Studien zeigen, dass nur noch ein Prozent der ursprünglichen Quell-Lebensräume im Mittelland noch intakt ist. Das Problem: Eine schweizweite Übersicht fehlt. Erst die Hälfte der Kantone habe mit der Kartierung von Quellen begonnen, sagt Christian Imesch, der im Auftrag des Bundesamts für Umwelt das Thema betreut.
Erst seit etwa zehn Jahren wachse das Bewusstsein, wie wichtig Quell-Lebensräume für viele Arten seien, so Imesch. Das nährstoffarme Wasser tritt mit vier bis sechs Grad aus dem Boden aus – ideal für Libellenarten, winzige Fliegen oder seltene Schnecken. Der Bund hält die Kantone deshalb an, Quellen auf ihrem Gebiet zu erfassen, zu schützen oder gar zu renaturieren.
Lohnt sich aber der grosse Aufwand für Lebensräume, die man bisher kaum bemerkt hat? Wie wichtig ist zum Beispiel die kleine Köcherfliege? Auf die Grösse komme es nicht an, meint Marianne Rutishauser von Pro Natura. Es sei immer wieder möglich, dass eine Tierart eine wichtige Funktion im Ökosystem habe.
«Wenn etwas verloren ist, kommt es nicht mehr zurück. Für mich hat jede Tierart per se einen Lebenswert. Egal, ob das eine Giraffe oder ein kleines Quelltierchen ist.»