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Schweiz Amnesty: Kritik an der Weltgemeinschaft – und der Schweiz

Der Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation stellt der internationalen Politik ein wenig schmeichelhaftes Zeugnis aus: Sie habe bei der Krisenbewältigung versagt, so das deutliche Verdikt. Und auch die Schweiz wird hart kritisiert.

Der Jahresbericht von Amnesty International ist eine traditionell schwer verdauliche Lektüre. Und in diesem Jahr zeichnet sie ein besonders düsteres Bild: Die Lage der Menschenrechte habe sich im Jahr 2015 massiv verschärft, mahnt Amnesty. Besonders schlimm sei die Situation in Syrien gewesen. Von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit von «wahrhaft epischem Ausmass» spricht Amnesty International. Der UNO-Sicherheitsrat schaffe es nicht, die Völkerrechtsverletzungen im Bürgerkriegsland zu stoppen.

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In 122 von 160 untersuchten Ländern seien Menschen gefoltert oder anderweitig misshandelt worden, schreibt Amnesty. Im vergangenen Jahr sind in mindestens 19 Ländern Kriegsverbrechen oder andere Verletzungen des humanitären Völkerrechts begangen worden – und zwar sowohl von Regierungen als auch von bewaffneten Gruppen.

Heftig kritisiert wird auch die (Nicht-)Bewältigung der globalen Flüchtlingsströme: Mehr als 30 Staaten hätten Schutzsuchende in Länder zurückgeschickt, wo sie an Leib und Leben bedroht waren – damit hätten diese Länder Völkerrecht gebrochen. Auch die EU sei 2015 nicht in der Lage gewesen, eine Antwort auf die Flüchtlingskrise zu finden, schreibt die Organisation. Kurz: «Die internationale Gemeinschaft hat dabei versagt, Konflikten vorzubeugen und Krisen zu lösen.»

Harte Kritik auch an der Schweiz

Angesichts der schwelenden Bürgerkriege und politischen Umwälzungen, allen voran in Afrika und Nahost, überraschen die deutlichen Worte von Amnesty kaum. Überraschender ist indes, wie hart Amnesty nicht nur mit Menschenrechtsverletzungen in Diktaturen und Bürgerkriegsländern ins Gericht geht – sondern auch mit der Schweiz: Auch hierzulande gerieten die Menschenrechte immer stärker unter Druck, befindet Amnesty.

Audio
Manon Schick zur Amnesty-Kritik an Volksinitiativen
aus HeuteMorgen vom 24.02.2016.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 8 Sekunden.

Die Schweiz im Visier einer Organisation, die sich etwa für die Rechte von politisch Verfolgten in Ländern wie Saudi-Arabien und Nordkorea einsetzt? Manon Schick, Geschäftsleiterin von Amnesty Schweiz, führt die Kritik gegenüber SRF News aus: «Die Geltung der Menschenrechte wird zunehmend infrage gestellt; die mit ihnen verbundenen Institutionen als fremd, als unschweizerisch, dargestellt. Wir sind aber der Überzeugung: Menschenrechte sind allgemeingültig – und sollen auch für Schweizer gelten.»

Die Initiative untergräbt und diffamiert bewusst Institutionen, die zum Schutz der Menschenrechte gegründet wurden.
Autor: Manon Schick Zur Selbstbestimmungsinitiative der SVP
Amnesty-Schweiz-Geschäftsleiterin Manon Schick
Legende: Amnesty Schweiz, im Bild Geschäftsleiterin Manon Schick, stösst sich an der kommenden SVP-Initiative. Keystone

Für Schick ist die Kritik nicht nur blosser Alarmismus: «Natürlich herrschen hier keine Zustände wie beispielsweise in Syrien. Wir wollen aber darauf hinweisen, dass es gefährlich ist, wenn Menschenrechte als Problem dargestellt werden.» Diese Tendenz sei auch in anderen Ländern zu beobachten, in der Schweiz akzentuiere sie sich aber in Form von Volksinitiativen.

Namentlich die SVP-Initiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» attackiere die Menschenrechte direkt: «Sie ist ein Beispiel für Volksinitiativen, die Institutionen, die zum Schutz der Menschenrechte gegründet wurden, bewusst diffamieren und untergraben.» Auch das Minarett-Verbot oder das Burka-Verbot im Tessin hätten zu dieser Tendenz beigetragen.

Muss das Parlament intervenieren?

Den Vorwurf, Amnesty betreibe mit ihrer Kritik Anti-SVP-Propaganda, will Schick nicht gelten lassen: «Die Schweiz darf nicht nur auf andere Länder zeigen, sondern muss auch die eigene Situation analysieren – und Massnahmen treffen.» Darüber, wie diese Massnahmen aussehen sollen, hat Schick eine klare Vorstellung: Es sei wichtig, dass das Parlament bei der Beratung der Selbstbestimmungsinitiative eine Grundsatzdiskussion führe.

Und dafür sorge, dass Initiativen im Zweifelsfall nicht vors Volk kommen: «Die Institutionen müssen so angepasst werden, dass Volksinitiativen, die gegen die Menschenrechte verstossen, zumindest teilweise für ungültig erklärt werden – und nicht zur Abstimmung kommen.»

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