Mit den Anschlägen von Paris sind viele neue Fragen entstanden. Und bestehende sind noch virulenter geworden. Wer hätte gedacht, dass wir fünfzehn Jahre nach 9/11 über die reale Terrorbedrohung in der Schweiz diskutieren?
Was ist zu tun angesichts der vermeintlichen Bedrohung? Wie sollen wir uns wappnen, wie können wir unsere Sicherheit bewahren und gleichzeitig unsere humanitäre Tradition?
Jeder Schweizer muss wissen: Er kann immer zu einem falschen Zeitpunkt an einem falschen Ort sein.
Für Nationalrat Walter Wobmann (SVP/SO) sind die gegenwärtigen Flüchtlingsströme und die Gefahrenlage in der Schweiz miteinander verknüpft. In der «Arena» plädiert er für ein Ende der offenen Grenzen. Muslimische Menschen aus Syrien müssten seiner Auffassung nach draussen bleiben.
Mit seiner Einschätzung der Gefahrenlage steht Wobmann – zumindest in dieser Schärfe – allein da.
Der ehemalige Chef des Schweizer Nachrichtendienstes spricht aber dennoch von vielen möglichen Zielen. «Jeder Schweizer muss wissen: Er kann immer zu einem falschen Zeitpunkt an einem falschen Ort sein.» Peter Regli verlangt, dass die Sicherheitskräfte in der Schweiz besser ausgerüstet werden. Die Einsatzkräfte sind nach Meinung Reglis nur für «Schönwetterlagen» geeignet.
Unsere Angst vor Gefahr ist das Ziel des IS
Für den Grünen Balthasar Glättli ist die Aufstockung der Mittel demgegenüber reine Symptombehandlung. Der Fraktionschef der Grünen verweist auf die Stärke des französischen Geheimdienstes.
Trotz dessen umfangreichen Möglichkeiten sei der Angriff in Paris nicht zu verhindern gewesen. Ein Argument, dem die CVP-Nationalrätin Kathy Riklin (ZH) eine weitere skeptische Komponente hinzufügt. «Wenn eine Stadt wie Brüssel über mehrere Tage lahmgelegt wird», so Riklin in der «Arena», «dann hat der Terrorismus schon halb gewonnen.»
Die Muslime in der Schweiz setzen falsche Signale, wenn sie sich nicht mehr gegen die Islamisierung einsetzen.
Eine Einschätzung, die auch der Präsident des Dachverbands islamischer Organisationen in der Schweiz (FIDS), Montassar Benmrad teilt. Man müsse die Probleme relativieren. Gemessen an allen gemässigten Muslimen in der Schweiz sind die Dschihadisten eine extreme Minderheit. Und hier müssten eben alle zusammenarbeiten.
Die Radikalisierung dieser wenigen kann laut Montassar Benmrad nur durch die Eltern, die Schule und auch in der Moschee verhindert werden, jedoch nicht mit schärferen Flüchtlingsgesetzen.
Für Nationalrat Wobmann reicht das aber nicht aus. Trotz der 16 Organisationen, die sich laut Benmrad nach den Pariser Anschlägen dezidiert gegen den Terror gewandt haben, spüre er zu wenig vom islamischen Widerstand, führte Wobmann aus: «Die Muslime in der Schweiz setzen falsche Signale, wenn sie sich nicht mehr gegen die Islamisierung einsetzen.»
Weniger die Flüchtlinge als die bereits Radikalisierten hat der Islamismusexperte und Journalist Kurt Pelda im Auge. Er widerspricht der Vorstellung Glättlis und Riklins, wonach einzig erhöhte Integrationsbemühungen zu weniger Terrorgefahr führen würden.
«Für die wenigen bereits Radikalisierten reichen etwas Integration und Multikulti nicht. Sie müssen tatsächlich isoliert werden. Für die braucht es Repression», sagte Pelda in der bisweilen auch etwas emotional geführten «Arena»-Debatte.
Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien sind schlimm.
Aber ungeachtet der unterschiedlichen Wahrnehmung dessen, was die angemessene Schweizer Reaktion auf den Terror wäre, überraschte die Runde gegen Schluss dann doch noch mit ungewohnter Einhelligkeit.
Dass die Schweiz mit Staaten (Waffen-)Geschäfte mache, die den gleichen inakzeptablen religionsrechtlichen Praktiken folgten wie der IS selbst, fand nicht nur Balthasar Glättli «ganz schlimm».
CVP-Frau Kathy Riklin formulierte es so: «Man sollte eigentlich bei Saudi-Arabien dieselben Regeln anwenden wie beim IS.» Auch sie fände es schlecht, wenn die Schweiz mit einem Regime wie Saudi-Arabien Waffengeschäfte tätige. Und hier konnte dann auch Walter Wobmann nur schlecht Nein sagen. Er liess es sich allerdings nicht nehmen, auf den geringen Schweizer Anteil an den Waffenkäufen der Saudis hinzuweisen.
Trotz allem fühlt man sich sicher
Und ebenso einhellig wie bei den Waffenexporten gab sich die Runde schliesslich auch bei der letzten persönlichen Frage von «Arena»-Moderator Jonas Projer: «Wo fühlen Sie sich persönlich wohl, sicher und geborgen?»
So viel sei verraten: Terrorgefahr hin oder her, die Debattierenden zumindest fühlen sich sicher in ihrem Land.